Salzburger Nachrichten, 02.04.2015
Von Karl Harb
 
Verdi: Messa da Requiem, Salzburg, 31.3.2015
 
Nur keinen Operndampf, bitte
Das Verdi-Requiem beschloss die erste Konzertserie der Osterfestspiele.
 
Wer sitzt oder steht zentral bei einem Chor-Orchesterkonzert? Die Positionen sind nicht unwichtig für Gewichtung und Klangbalance. Christian Thielemann hat für die Aufführung des Verdi-Requiems am Dienstag im Großen Festspielhaus den Solisten die Plätze vorn an der Rampe und zuseiten des Dirigentenpults eingeräumt. Und also strömen die ukrainisch-georgisch-deutsch-russischen Stimmen von Liudmyla Monastyrska, Anita Rachvelishvili, Jonas Kaufmann und Ildar Abdrazakov durchaus prachtvoll direkt in den Saal.

Über gesangsstilistische Fragen in dieser "Messe, die nicht wie eine Oper gesungen werden darf", lässt sich angesichts dieser im Großen und Ganzen wirkungsvollen Aufführung streiten. Da liegt uns wohl die geschmeidige Phrasierungskunst, die Delikatesse des zurückgenommenen Pianos, die Legatokultur von Jonas Kaufmann am nächsten. Die gefühlvollen Feinheiten des Soprans, der hohe Verschmelzungsgrad mit dem Alt waren unverkennbar, aber doch ließen sich bei den Damen die Opernattitüden nicht ganz vermeiden. Und der mächtige, aber etwas unbehauen klingende Bass ist, nun ja, Geschmacksache.

Auf wundervoller Höhe des kollektiven Könnens und der transparenten Stimmführungskultur: der von Peter Dijkstra gewohnt großartig einstudierte Chor des Bayerischen Rundfunks, mit allen Finessen einer gleichsam "operatischen" Begleitfunktion ausgestattet: die Sächsische Staatskapelle, die gesteigerte Klangenergie und Disziplin wohldosiert vorführte.

Aber was eigentlich wollte uns Christian Thielemann mit seiner Interpretation erzählen? Er reiht Chorpassagen und Solostücke, gerne auch viele wie von innen heraus zum Leuchten gebrachte Orchesterdetails nebst stets etwas preußisch kontrollierten Ausbrüchen - auch die "Ferntrompeten" im Dies irae stehen nah an der Bühne - wie Perlen auf eine Schnur. Er misstraut nicht nur dirigentisch der überbordenden Geste, hält gleichwohl die Fäden straff in der Hand. Man hätte sich nur gewünscht, sie würden freier und elastischer ausschwingen.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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