Eßlinger Zeitung, 21. April 2015
Dietholf Zerweck
 
Operette, Tournee ab 15. April 2015
 
Liebesgrüße aus dem Land des Lächelns
 
Startenor Jonas Kaufmann gastiert mit Operetten- und Schlagerhits im ausverkauften Beethovensaal der Liederhalle
 
„Freunde, das Leben ist lebenswert!" schmettert Jonas Kaufmann zu Beginn seines Gala-Abends mit dem Münchner Rundfunkorchester in der Stuttgarter Liederhalle. Der Startenor ist derzeit mit seiner von einer bayerischen Autofirma gesponserten „Du-bist-die-Welt-fürmich"-Tournee unterwegs, und im Foyer zum Beethovensaal der Liederhalle steht passend ein schmuckes Oldtimer-Cabrio aus jener Zeit Ende der Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, wo Lehár und Kálmän, Robert Stolz und Richard Tauber auf den Operettenbühnen zuhause waren. Die Ohrwürmer aus deren Stücken, erinnerungsträchtig im Gegensatz zu den allermeisten Musical-Nummern heutzutage, haben auch die Kriegs- und Nachkriegszeit überlebt. So sitzen neben Jonas-Kaufmann-Fans jeglichen Alters nicht wenige Senioren im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal, die in den Fünfzigerjahren solcherart musikalisch sozialisiert wurden. „O Signora, Signorina (...) das Leben ist schön!" aus Franz Lehárs „Giuditta" stemmt Kaufmann seinen funkelnden Tenor — hier noch ganz ohne Mikrofonzuschaltung — euphorisch in die Höhe. Der Saal jubelt begeistert.

Mit dem silberfarbenen Röhrenmikrofon auf der Bühne hat es seine eigene Bewandtnis. Je nach Charakter der „Lieder", die er aus seinem Leichte-Muse-Album zum Besten gibt, wird seine Stimme mal mehr, mal weniger oder gar nicht verstärkt, was einigen der Stücke, die aus Filmen oder Shows der damaligen Zeit stammen, einen besonderen Reiz von Leichtigkeit und Intimität verschafft. Und Jonas Kaufmann serviert manche solcher Nummern wie Mischa Spolianskys „Heute Nacht oder nie" oder „Im Traum hast Du mir alles erlaubt" aus dem Film „Liebeskommando" mit ironischem Augenzwinkern. Auch das kommt beim Publikum bestens an: Gerade die unterschiedlichen Nuancen, die der gefeierte Opernstar hier den einzelnen Stücken angedeihen lässt, ohne jedes Pathos und mit leichter Distanz zum sentimentalen Schwulst mancher Texte, machen diesen Abend zu etwas Besonderem.

Wenn Jonas Kaufmann aus seiner sonoren, dunkel getönten Mittellage den vokalen Gefühlsregler nach oben zieht, lässt er die Höhen in der Kopfstimme öfters seidig schimmern. Mit Emmerich Kalmáns Tassilo aus seiner Operette „Gräfin Mariza" grüßt er „die süßen, die reizenden Frauen im schönen Wien", in Lehárs „Gern hab' ich die Frau'n geküsst" mischt er ein paar Tropfen Parfüm ins muntere sängerische Parlando, nach samtigem Anlauf und kapriziösen Schnörkeln strahlt dann wieder der Schlusston. Jochen Rieder schafft dazu mit dem Münchner Rundfunkorchester eine manchmal nicht ganz adäquate, zu wenig klanglich flexible Grundlage. In den zwischengeschalteten Instrumentalstücken, wie den ,Ballsirenen" aus der „Lustigen Witwe" oder dem Walzer aus „Der Graf von Luxemburg", kommt das im Tutti etwas grob über die Bühne. Doch einige der Arrangements von Andreas N. Tarkmann werden in reduzierter Besetzung mit Streichsextett und gezupftem Kontrabass zu den mit Saxophon erweiterten Bläsern gespielt, und das klingt dann schon viel spritziger. Das Tourneetitel gebende „Du bist die Welt für mich" von Richard Tauber, dynamisch vom streichelnden Piano bis zur Goldkehle im Fortissimo großartig variiert, oder Lehárs „Dein ist mein ganzes Herz" aus seiner Operette „Das Land des Lächelns" sind da natürlich mit Leidenschaft gesungene Hits, vom Arientypus gängiger Operngalas nicht so weit entfernt. Aber faszinierend ist Jonas Kaufmanns Kunst, seine vokale Skala zu verändern und für die schlagerartigen Evergreens mit lächelnder Leichtigkeit einzusetzen, auch in den Zugaben. „Irgendwo in der Welt", von Werner Richard Heymann für Lilian Harvey und Willy Fritsch, das Traumpaar des deutschen Films, 1932 komponiert, atmet diesen naiven Charme, wie auch Ralph Benatzkys „Es muss was Wunderbares sein", ursprünglich eine Nummer aus seiner Operette „Im weißen Rössl". Und mit Taubers „Frag nicht, warum ich gehe" macht Jonas Kaufmann — nach Blumen, Panettone, Teddybär, von Fans aus dem Publikum aufs Podium gereicht — den leicht melancholischen, heiteren Abgang eines Abends mit musikalischem Esprit.





 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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