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concerti, 31. März 2015 |
Von Kirsten Liese |
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Mascagni: Cavalleria rusticana, Leoncavallo: Pagliacci, Salzburg,
6. April 2015
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Im Kino gewesen. Geweint |
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(Salzburg, 28.3.2015) Christian Thielemann, Philipp Stölzl und Jonas
Kaufmann eröffnen den Verismo-Zwillingen ganz neue Perspektiven |
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Filmemacher sind nicht unweigerlich gute Opernregisseure. Und
seltsamerweise hat bislang noch keiner versucht, die Möglichkeiten
des Kinos sinnvoll für eine Bühne auszuloten. Umso mehr Beachtung
verdient Philipp Stölzl, der mit seiner fulminanten Inszenierung von
Mascagnis Cavalleria Rusticana und Leoncavallos Bajazzo so
überzeugend dem Musiktheater neue Perspektiven eröffnet, dass man
schon geneigt ist, das Doppelpack als beste Produktion des Jahres
auszurufen.
Verismo trifft neorealistisches Kino
Vor
allem bei der Cavalleria verbinden sich die Intentionen der
veristischen Oper geradezu ideal mit denen des neorealistischen
Kinos, als sei diese Oper schon ganz im Geist des Kinos entstanden.
Schließlich wollten beide Künste von den realen, sozialen Nöten der
einfachen Menschen in ländlichen Gegenden erzählen.
Schwarzweißbilder wie bei Pasolini
In sechs über- und
nebeneinander angeordneten Guckkästen erzählt Stölzl das tödlich
endende Drama um den untreuen Bauer Turridu und seine sich in
Eifersucht verzehrende Frau Santuzza konsequent mit
Schwarzweißbildern, die an Filme von Rossellini oder Pasolini
erinnern. Hoch virtuos löst er die Geschichte in Dutzende von
Einzelszenen auf. Unentwegt wechselt die Perspektive, immerzu geht
ein Vorhang auf wie dort einer zu. So entstehen zwischen Dorfplatz,
Kirche und Mansarde (Mitarbeit Bühnenbild: Heike Vollmer) reizvolle
szenische Wechsel in mal schnellerem, mal langsamerem Tempo. Und
immer wieder sieht man hier und da die Gesichter in Nahaufnahme.
Um deutlich zu machen, dass Santuzza auch gesellschaftlich
geächtet ist, hat der Regisseur ein uneheliches Kind erfunden. Die
ukrainische Sopranistin Liudmila Monastyrska singt die unglückliche
Mutter mit der erschütternden Verzweiflung einer von Eifersucht
verzehrten Frau, leider aber auch mit allzu starkem Tremolo und
unschönem Flackern in der Höhe. Aber das ist der einzige
Schwachpunkt an diesem einmaligen Premierenabend.
Jonas
Kaufmann in Bestform
Der Kindsvater kann den Reizen seiner
einstigen großen Liebe Lola (ungemein erotisch in Erscheinung und
Stimme: Annalisa Stroppa) aber nicht widerstehen. Er zankt sich mit
Santuzza, weist ihr Flehen, die unglückselige Liaison aufzugeben,
zurück, wird erst nachdenklich, als ihn der Tod herausfordert.
Großartig, wie Jonas Kaufmann diesen innerlich Zerrissenen singt und
spielt, mit der rechten Mischung aus Belcanto und einer geradezu vor
Manneskraft strotzenden Robustheit.
Thielemann tüftelt
Der schwierigste Part liegt bei Christian Thielemann. Die
Protagonisten singen bisweilen mit dem Rücken zum Publikum.
Eigentlich ist das schon aus akustischer Sicht ein Unding. Dass es
gleichwohl nie zwischen Bühne und Orchestergraben wackelt, zeigt,
dass der Dirigent und sein Orchester in die Probenarbeit viel Zeit
investiert haben. Man habe da auch ganz schön „tüfteln“ müssen,
sagte Thielemann tags darauf bei der Festspiel-Pressekonferenz.
Der Bajazzo als Farbfilm
In Leoncavallos Bajazzo, bei dem
sich während der Aufführung einer Komödiantentruppe das
Eifersuchtsdrama auf offener Szene abspielt, wechselt Stölzl stimmig
vom Schwarzweiß- zum Farbfilm, in die bunte Welt des Vaudeville. Da
gehört schon einiges dazu, nach dem Turridu auch noch den Bajazzo zu
geben. Jonas Kaufmann stellt eine solch anspruchsvolle Doppelrolle
vor keine Probleme. Sein starkes Selbstbewusstsein kann man hören,
im auftrumpfenden Strahl seines Tenors. Das tragische Finale im
Bajazzo, aufwühlend dramatisch auch seitens der Sächsischen
Staatskapelle unter Christian Thielemann, beschert ihm seinen
stärksten Auftritt am ganzen Abend. Mit leerem Blick starrt er in
den Spiegel, routiniert schminkt er sein Gesicht. Dann folgt er
ergeben seinem Schicksal, dem Eifersuchtsmord an Nedda (solide:
Maria Agresta) und ihrem Liebhaber Silvio (Bariton mit großer
Zukunft: Alessio Arduini).
Wenn er am Ende leichenblass und
mit bebender Stimme verkündet, die Komödie sei zu Ende, ist auch der
Zuschauer ganz benommen. Oder um mit den Worten Kafkas zu reden: Im
Kino gewesen. Geweint.
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