Kleine Zeitung, 30. März 2015
Ernst Naredi-Rainer
 
Mascagni: Cavalleria rusticana, Leoncavallo: Pagliacci, Salzburg, 28. März 2015
 
Filmische Erzählweise belebt Salzburgs Breitwandbühne
Elf Minuten währte der einhellige Jubel für die Premieren von „Cavalleria rusticana"und „Pagliacci". Einen Triumph feierte Tenor Jonas Kaufmann mit zwei Rollendebüts.

Nicht draufgängerisch schmetternd, sondern als innerlich reflektierenden Monolog intoniert Jonas Kaufmann, mit dem Rücken zum Publikum sitzend, mit seinem charakteristisch kehligen Piano die einleitende Siciliana des Turiddu. Schon der ungewöhnliche Beginn von „Cavalleria rusticana"verweist auf eine Kardinaltugend des umjubelten Premierenabends der Salzburger Osterfestspiele: Christian Thielemann, der Pietro Mascagnis Welterfolg erstmals dirigiert, orientiert sich nicht an der Aufführungstradition, sondern an der Partitur, deren dynamische Anweisungen er konsequent umsetzt. Weder hier noch beiRuggero Leoncavallos „Pagliacci" überhitzt er die veristischen Krassheiten. Mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden ungemein sorgfältig musizierend, führt er seine Sänger zu außergewöhnlicher Pianokultur. Fehlt es seiner Darstellung auch an italienischem Brio, so zeichnet sie sich doch durch differenzierte Klangstruktur und umsichtig gesteuerte Steigerungsbögen aus.

Stimmlich glänzend disponiert, feiert Startenor Jonas Kaufmann mit seinen beiden höchst differenzierten Rollendebüts einen Triumph. Er entdeckt in der Figur des leichtsinnigen Turiddu auch eine melancholische Ader und gestaltet den Canio nicht bloß als blindwütigen Berserker.

Liudmyla Monastyrska hat zunächst Mühe, ihr Vibrato unter Kontrolle zu bekommen, bietet aber dann als Santuzza in „Cavalleria rusticana" blühende vokale Sanftheit und verzweifelte Dramatik. Fast zu weich für die Rolle des Alfio klingt der Bariton von Ambrogio Maestri.

Im „Bajazzo" findet Kaufmann mit Maria Agresta als Nedda, Alessio Arduini als Silvio und Dimitri Platanias als Tonio ein stimmiges Ensemble vor.

Die Breite des Großen Festspielhauses nützend, hat Philipp Stölzl eine aus sechs Segmenten bestehende Simultanbühne entworfen, um mit (quasi) filmischen Techniken Haupt- und Nebenhandlungen der beiden Eifersuchtsmorde parallel zu erzählen. Obwohl nicht alle Details seiner in die Zwanzigerjahre des vorigen Jahrhunderts verlegten Inszenierung schlüssig wirken, fesseln doch seine Schwarz-Weiß-Ästhetik für „Cavalleria rusticana" und die bunte Welt für „Pagliacci".


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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