Tiroler Tageszeitung, 30.03.2015
Von Jörn Florian Fuchs
 
Mascagni: Cavalleria rusticana, Leoncavallo: Pagliacci, Salzburg, 28. März 2015
 
Erst langsam wird der Abend farbig
„Cavalleria Rusticana“ und „Pagliacci“: Ein italienisches Operndoppel eröffnete die Salzburger Osterfestspiele.
 
Salzburg – In strenger Schwarz-Weiß-Optik geht die Sache los. Regisseur Philipp Stölzl kommt vom Film und das zu merken, ist wahrlich nicht schwer. Die von Stölzl gemeinsam mit Heike Vollmer entwickelte Bühne unterteilt sich in sechs Kammern, die mal konkrete Handlungsorte von Pietro Mascagnis Oper „Cavalleria rusticana“ zeigen, mal per Video herangezoomte Großeinstellungen der Protagonisten. Diese spezifische Mischung erzeugt einen Sog, dem man sich gerne aussetzt und man ist ständig neugierig, welches „Fensterchen“ was als Nächstes wohl zeigen wird – und doch bleibt das Ganze letztlich ein bisschen zu dekorativ. Andererseits ist die „Cavalleria“ ja ein Kernstück des so genannten Verismo, es geht also um echte Gefühle und eine nicht zu komplizierte Handlung, verpackt in kräftige, vorwärtsdrängende Musik. Dazu passt – gerade als Kontrast – Stölzls eher ruhige Erzählweise doch recht gut. Jonas Kaufmann gibt sein Rollendebüt als Turiddu, welcher seine Verlobte Lola einst zwecks Ableistung des Militärdienstes verlassen musste. Während seiner Abwesenheit hat sie sich neu orientiert, nach Turiddus Rückkehr indes flammen alte Gefühle auf, am Ende stirbt Turiddu im Duell.

Jonas Kaufmann brauchte wieder einmal ziemlich lange, um sich freizusingen, um sein gaumiges Timbre zu besiegen und so kam er erst zum Schluss so richtig vokal in Fahrt. Ambrogio Maestris Alfio gefiel durch satte Baritontöne, bei den Damen überzeugte leider nur Annalisa Stroppas Lola. Christian Thielemann legte am Pult der Sächsischen Staatskapelle Dresden den Fokus auf Klangschönheit, gediegene Tempi und präzise Akzentuierungen, man hätte sich etwas mehr Wagemut und Überraschungsmomente gewünscht.

Für Ruggero Leoncavallos ebenfalls veristische Kurzoper „Pagliacci“ schaltet Thielemann erfreulicherweise vom Autopiloten auf manuelle Schaltung, energisch ruppig geht es zu, die Dresdner dürfen und können alle Facetten ihres Könnens und die der Partitur ausspielen. Jonas Kaufmann debütiert als Canio und hier stimmt nun wirklich alles. Die Partie schwankt zwischen Schmerz, Rachegelüsten, rasender Liebe und blinder Wut. Jede Emotion findet bei Kaufmann ihren passenden vokalen und gestischen Ausdruck. Canio ist Leiter einer Schauspieltruppe, wird von seiner Frau betrogen und tötet sie nebst ihrem Liebhaber während einer Theateraufführung, die ebenfalls eine Untreuegeschichte zum Thema hat. Aus dem Spiel im Spiel wird brutaler Ernst. Neben Kaufmann überzeugen auch alle anderen Sänger, besonders Maria Agresta. Agresta gibt Canios treulose Gattin mit einer hinreißenden Mischung aus Locken, Bangen, Verzweifeln. Philipp Stölzl zeigt das Geschehen nun in farbigen Bildern, mehrfach vermischt und verwischt er fotorealistische Szenerien mit ‚realen‘ Szenen auf der Bühne. Das ist nicht nur technisch-handwerklich, sondern auch was die Führung von Solisten sowie dem riesigen Chor- und Statistenensemble betrifft, brillant.

Nach dieser Premiere beginnt nun der übliche Osterfestspiel-Konzertzyklus. Ein Höhepunkt wird möglicherweise Christian Thielemanns Dirigat des Requiems von Giuseppe Verdi (31. März und 3. April). Auch interessant: der gleich zweimalige Auftritt Isabel Karajans. Sie wird im Konzert für Salzburg (am 2. April) bei Sergej Prokofjews „Peter und der Wolf“ die Erzählerin sein und im Kammermusikprojekt „Fräulein Tod trifft Herrn Schostakowitsch“ (31. März und 5. April) spielen.

Nächstes Jahr dürfte es an der Salzach dann wieder etwas behaglicher zugehen, zumindest szenisch. Regisseur Vincent Boussard und der Modeschöpfer Christian Lacroix widmen sich Giuseppe Verdis „Otello“ mit Johan Botha in der Titelrolle. Das Team ist berüchtigt für seine eher mittelprächtig inspirierenden Arbeiten.


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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