Ponchielli: La Gioconda, Salzburger Osterfestspiele, ab 23.3.2024
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„La Gioconda“ bei den Salzburger Osterfestspielen: Leidenschaften nur im Musikalischen
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Es ist schon eine sehr komplexe und verworrene Geschichte aus dem 17.
Jahrhundert in Venedig, wovon Amilcare Ponchielli „La Gioconda“ handelt, die
einzige der elf Opern des italienischen Komponisten, die es ins Repertoire
geschafft hat, und dies hauptsächlich nur in Italien. Denn damals bestimmte
noch die kirchliche Inquisition über Leben und Tod: La Gioconda, eine
Straßensängerin liebt den Adeligen Enzo Grimaldi, der aber Laura liebt, die
zur Ehe mit dem Inquisitor Alvise gezwungen wurde. Und dann gibt es da noch
den stark intrigierenden Spitzel Barnaba, der es auf die Titelheldein
abgesehen hat. Laura und Enzo kommen schließlich zusammen, weil La Gioconda
auf ihn verzichtet und beiden zur Flucht verhilft.
In der
diesjährigen Opernproduktion der Salzburger Osterfestspiele verlegt
allerdings Regisseur Oliver Mears die Geschichte in die Gegenwart, was zum
Hauptproblem seiner Inszenierung wird, denn so sind die Probleme des Plots
kaum nachvollziehbar. Zudem fügt er noch die Idee ein, dass die Titelfigur
schon als Kind und auch später mit Wissen ihrer Mutter von Männern gegen
Bezahlung immer wieder missbraucht wurde. In einer weiteren Szene wird sie
von Ärzten einer Art Elektroschocktherapie unterzogen. Des Weiteren ermordet
La Gioconda entgegen dem Libretto am Fest den Alvise und zum Finale auch
ihren Peiniger Barnaba. Ihr Selbstmord wird hingegen ausgespart. Zudem fehlt
es insgesamt beim Regisseur, er ist Operndirektor des Royal Opera Houses
Covent Garden, an einer stringenten Personenführung, die vor allem von
Statik geprägt ist. Die geschmacklosen, heutigen Kostüme (Annemarie Woods),
meist bunte, kurze Hosen stehen auch im krassen Gegensatz zur antiken, teils
opulenten venezianischen Kulisse (Philipp Fürhofer), die zumindest eine
gewisse Ästhetik aufweist.
An der Musik können die seltenen
Aufführungen des Werkes sicher nicht liegen, denn diese Oper, deren Text von
keinem Geringeren als von Arrigo Boito stammt, verfügt über traumhaft schöne
Musik. Sie ist eine echte Volksoper mit Chören, die auf venezianische Lieder
und Tänze beruht, mit effektvollen Massenszenen und leidenschaftlichen
Soloauftritten. Sie ist stilistisch zwischen der Verdi Nachfolge und dem
beginnenden Verismo angesiedelt und wurde an der Scala di Milano 1876 höchst
erfolgreich uraufgeführt.
Die effektvolle Musiksprache in Form der
traditionellen, italienischen Nummernoper mit Versatzstücken der
französischen Grand Opéra wird unter dem stets anspornenden Antonio Pappano
am Pult des Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia ungemein
agil, feurig, reich an Akzenten mit feinen Lyrismen aber auch großer
Intensität musiziert und bietet eine zumindest musikalische Hochspannung.
Auch sängerisch bleiben kaum Wünsche offen: So gibt es in Salzburg ein
Wiedersehen mit Anna Netrebko. Sie ist eine höhensichere Titelheldin mit
wunderbarem Timbre. Ihr nachgedunkelter Sopran ist zudem ungemein
nuancenreich, verfügt über schmelzende Piani und herrliche Farben. Ihr
Aufschrei „Suicidio“ ist einer der aufwühlendsten Selbstmordszenen der
Opernliteratur. Jonas Kaufmann muss anfänglich mit einer, ihn fast
unkenntlich machenden, völlig unpassenden Matrosenmütze auftreten. Er singt
den Enzo Grimaldo, eine der schwersten, italienischen Tenorrollen überhaupt,
mit strahlenden Höhen. Es fehlt seinem sehr baritonal gefärbten Gesang
jedoch die dramatische Intensität. Seine inbrünstig gesungene große
Tenor-Romanze„Cielo e mar“, ein rares Seelengemälde, eines der wenigen, das
aus dieser Oper bekannt ist und immer wieder gesungen wird, erntet viel
Applaus. Luca Salsi ist ein ungemein präsenter, angstmachender, markanter
und kraftvoller Bösewicht Barnaba, ein ekliger, zynischer Vorgänger des
Jago. Er ist auch der Strippenzieher, der alles unter seiner ständigen
Kontrolle hat.Cieca, die blinde Mutter der Titelheldin wird von Agnieszka
Rehlis innig leidend gesungen. Tareq Nazmi als Alvise Badoero, ein hoher
Inquisitionsbeamten, müht sich etwas mit dieser Partie ab. Eve-Maud Hubeaux
als dessen Frau Laura und Geliebte von Enzo Grimaldi singt diese mit
mannigfaltigen Feinheiten einfach traumhaft schön. Auch die vielen kleineren
Rollen und der Coro dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia
(Einstudierung: Andrea Secchi) wie auch der Salzburger Bachchor
(Einstudierung: Michael Schneider) und der Salzburger Festspiele und Theater
Kinderchor (Einstudierung: Wolfgang Götz und Regina Sgier) gefallen, ebenso
wie die phantasievollen Tanzeinlagen (Choreographie: Lucy Burge) besonders
beim bekannten Ballett „Tanz der Stunden.“
Stehende Ovationen und
großer Jubel!
französische Übersetzung
https://www.opera-online.com/fr/columns/laredaction/la-gioconda-au-festival-de-paques-de-salzbourg-passions-purement-musicales
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