Badische Neueste Nachrichten, 18. Februar 2024
Rüdiger Krohn
 
Konzert, Baden-Baden 17. Februar 2024
Filmmusik mit Startenor Jonas Kaufmann im Festspielhaus Baden-Baden
 
Kino-Ohrwürmer statt großer Opernarien bot Startenor Jonas Kaufmann in Baden-Baden. Neben seiner Stimmkraft bringt er hier noch andere Qualitäten ein.

Eben sang er noch Tristan, Tannhäuser und Siegmund, Radames, Otello und Kalaf zwischen Wien und Berlin, Salzburg und London. Nun trat der weltweit gefragte Opernstar Jonas Kaufmann im ausverkauften Festspielhaus Baden-Baden mit einem ungewöhnlichen Genre auf: Das Programm „The Sound of Movies“ bot Filmmusik von „Love Story“ bis „Gladiator“.

Dabei betonte der gefeierte Künstler in einem kurzen Statement, dass es da einen Unterschied gebe. Die berühmten Songs wurden ursprünglich häufig von Sängern geboten, die keine klassische Gesangsausbildung genossen haben und bei denen es oft mehr um Stimmungen als um Stimmen ging.

Jonas Kaufmann: Filmsongs arbeiten mit Stimme und Stimmung
Kaufmann versucht es mit beidem. Stimme hat er nachweislich genug, und bei der Versorgung mit rahmender Stimmung standen ihm im Konzert die einschlägig bewährten Münchner Symphoniker mit dem Dirigenten Jochen Rieder zur Seite.

In sinfonisch angelegten Stücken wie etwa der einleitenden, strahlenden „20th Century Fox Fanfare“ von Alfred Newman, der spannenden „Scene D’Amour“ aus Hitchcocks „Vertigo“ oder dem Titelthema zu „Gone with the Wind“ von Max Steiner entfaltete das Orchester eine packende Klangfülle, die verstehen lässt, warum Filmmusik sich im gegenwärtigen Konzertbetrieb wachsender Beliebtheit erfreut.

Nicht umsonst widmete auch die Badische Staatskapelle in Karlsruhe unlängst ihr Neujahrskonzert den musikalischen „Movie Superheroes“, die sich gleichrangig selbst neben „Siegfrieds Rheinfahrt“ aus Richard Wagners „Götterdämmerung“ behaupteten.

Startenor Kaufmann zeigt in Baden-Baden souveräne Stimme
Kaufmanns gut zweistündiges Programm „The Sound of Movies“ liegt bereits als CD-Album (bei Sony) vor. Das Konzert in Baden-Baden, das als Teil einer Promotion-Tour auch nach Prag, Neapel, München und Wiesbaden geht, bietet 18 Titel aus Filmen (und Musicals), in denen der Sänger meist nicht eben überfordert ist. Doch auch und gerade im reduzierten Einsatz seiner Mittel wird die souveräne Beherrschung seiner großen Stimme hörbar.

Sensiblere Stück wie den legendären Louis-Armstrong-Titel „What a wonderful World“ aus dem kritischen „Good Morning Vietnam“, das elegische Lied „Moon River“ von Henri Mancini aus „Breakfast at Tiffany’s“ oder den jubelnden Ohrwurm „Maria“ aus Leonard Bernsteins „West Side Story“ serviert er streckenweise mit halber, stets tragfähiger Kraft und oft mit klangvoller Kopfstimme. Dagegen lässt etwa der betont leichte Song „Singin’ in the Rain“ die beschwingte Leichtfüßigkeit des Originals ein wenig vermissen.

Bei geläufigen Titeln wie diesen offenbart sich ein Problem mit solchen Programmen bekannter Titel. Ihre Popularität ist zugleich ihr Pferdefuß. Denn natürlich ist ein Startenor wie Kaufmann mit den ursprünglichen Interpreten wie Frank Sinatra, Gene Kelly oder Audrey Hepburn, deren Aufnahmen in den Köpfen des Publikums unwillkürlich nachklingen, besser nicht zu vergleichen.

Einerseits profitiert er von dem Kredit, den solche beliebten Evergreens stiften. Aber andererseits muss er sich gegen zähe Hörgewohnheiten stemmen – ganz wie der klassische, vielfältig vermarktete „tenorissimo“ Kaufmann beim Umgang mit der leichteren Muse das Klischee des prominenten Opernstars aus dem „schweren Fach“ bei seinem Publikum überwinden muss.

Jonas Kaufmann mit viel Ausdruck im Festspielhaus Baden-Baden
Kaufmann bewältigt diesen Spagat mit eindrucksvoller Ausdrucksbreite. In dem grandiosen Stück „The Loveliest Night of the Year“ konnte er mit der ganzen Wucht seines kraftvollen Tenors aufwarten. Kein Wunder, stammt das Lied doch aus dem Firm „The Great Caruso“ und wurde dort vom legendären Mario Lanza gesungen.

Und im Finale mit „Nelle Tue Mani“ (aus „Gladiator“) von Hans Zimmer ließ er im wuchtigen Fortissimo keinen Zweifel daran, dass seine Kompetenz über die oft weichgespülten Songs der anderen Programmtitel weit hinaus reicht.

Für den Jubel des Publikum bedankte der Künstler sich mit mehreren Zugaben – darunter der Filmschlager „Ich küsse Ihre Hand, Madame“, mit dem er an den unvergessenen Fritz Wunderlich erinnerte, Sinatras Millionenseller „Strangers in den Night“, ein süßliches „Edelweiß“ aus „Sound of Music“ und das optimistische „You’ll never walk alone“ aus dem Broadway-Musical „Carousel“. Nach diesem Ausflug ins Kino wird Kaufmann im Sommer in seinem eigentlichen Metier nach Baden-Baden zurückkehren: Wagners „Tristan“.

 















 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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