radio klassik
Richard Schmitz
 
Peter Grimes, Wiener Staatsoper, ab 26.1.2022
Peter Grimes am Ring
 
Im Oktober 2021 hatte Benjamin Brittens „Peter Grimes“ im Theater an der Wien großen Erfolg. Gestern nahm die Staatsoper die Christibe Mielitz-Inszenierung aus dem vorigen Jahrhundert (Premiere 12.2.1996) wieder in den Spielplan auf. Von der Oktober-Premiere an der linken Wienzeile war Richard Schmitz begeistert. Wie war es gestern am Ring?

Die Inszenierung von Christine Mielitz widmet sich vor allem der Charakterisierung der vielen Figuren, vor allem der des Peter Grimes. Die Kostüme unterstützen das sehr gut. Das Bühnenbild stört nicht. Auch in der Wiener Staatsoper stand daher der Sänger der Titelrolle im Mittelpunkt. Jonas Kaufmann legte den Peter Grimes grundlegend anders an. Da war kein dumpfer Gewaltmensch zu sehen, sondern ein vom Pech verfolgter sentimentaler, im Grunde gutmütiger Fischer, der für seine Heirat Geld scheffeln wollte und in der Dorfgemeinschaft aneckt. Diese Charakterambivalenz erfüllt Jonas Kaufmann mit all seinen künstlerischen Ausdrucksfacetten. Da gibt es herbe Töne, aber auch lyrische Legatobögen, klare Spitzentöne und verhaltenes Piano. Lise Davidsen als Ellen Orford kann da mit ihrer großen, noch ungeschliffenen Stimme nicht ganz mithalten. Wenn sie an der Differenzierung ihres Ausdrucks arbeitet, wird das noch eine der ganz Großen des Sopranfaches. Eine verhuschte Dorfschullehrerin ist sie natürlich nicht. Bryn Terfel als Balstrode zur Verfügung zu haben, ist ein großes Glück. Die unverrückbare Treue dieser Figur wird da deutlich. Auch die anderen Rollen haben bei Christine Mielitz eigene Charakterisierungen, die etwa Thomas Ebenstein als betrunkener Sektierer und Stephanie Houtzeel als kapriziöse, drogensüchtige Sedley voll ausspielen. Auch die anderen, Wolfgang Bankl, Noa Beinart, Ileana Tonca und Aurora Marthens als ungleiches Nichtenpaar, Carlos Osuna geben ihren Rollen ein eigenes Profil. Die Feinheiten des Feministinnenquartetts kommen vor dem Vorhang besonders intensiv zur Geltung. Die Widersprüchlichkeit der Haltung der Dorfbevölkerung wird durch den exzellenten Chor klar zum Ausdruck gebracht. Zurecht wurden auch Simone Young und das Staatsopernorchester am Ende bejubelt. benjamin Brittens Zwischenspiele, die richtige Klangjuwele sind, konnte man ohne Ablenkung genießen. Philharmonische Höhepunkte. Jonas Kaufmann hat seinen Fans bewiesen, dass er auch aus komplexeren Opernrollen menschliche Figuren machen kann.

PS: Ich bin froh, dass meine Frau und ich das erleben konnten. Noch am Nachmittag war das gar nicht so sicher. Unsere PCR-Tests sind erst nach 36 Stunden während der Vorstellung eingetroffen. Erfreulicherweise wurde ein aktueller Antigen-Test akzeptiert.

Es war ein großer Opernabend, der der Wiener Staatsoper und seinem jubelnden Publikum alle Ehre macht.


auch als Audio














 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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