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Wiener Zeitung, 01.12.2022 |
Christoph Irrgeher |
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Giordano: Andrea Chenier, Wiener Staatsoper, ab 30.11.2022
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Dichtertod mit kleinen Unstimmigkeiten |
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"Andrea Chénier" ist an der Staatsoper zurück, mit Jonas Kaufmann in
der Titelrolle.
Es kann kaum mehr bittere Ironie in einem
Sterbedatum stecken: Als die Guillotine auf André Chénier herabsauste,
schrieb man den 25. Juli 1794 - nur zwei Tage vor dem Sturz Robespierres und
dem Ende des Pariser Köpferollens. Der Unglücksrabe, der mit nur 31 Jahren
aus der Blüte seines Dichterlebens gerissen wurde, wirkte dafür weit über
seinen Tod hinaus. Erst sorgten seine Zeilen unter den Romantikern für
Furore, dann machte seine Leidensgeschichte auf der Opernbühne Karriere.
"Andrea Chénier", 1896 uraufgeführt, geriet für seinen Komponisten Umberto
Giordano zum bleibenden Erfolg: Der Verismo-Reißer mit den schwelgerischen
Arien und dem schlagkräftigen Finale hat sich einen Randplatz im Repertoire
erobert und ist so auch an der Wiener Staatsoper heimisch geworden.
Seit Mittwoch prangt dort wieder die betagte, opulente Regie von Otto Schenk
(1981): Eine Freude, einmal wieder so selbsterklärende Bilder am Haus zu
erblicken, im Verbund mit einer detailfreudigen Personenregie.
Diese
Schauwerte sind dann auch Trost für eine teils durchwachsene
Gesangsleistung. Jonas Kaufmann ist als Protagonist tätig: Sein Tenor wirkt
mitunter unfrei, kämpft trotz aller Inbrunst mit Unsicherheiten; seine
Trademark, das karamellige Timbre, ist erst gegen Ende in voller Pracht zur
Stelle. Konstanter George Petean, der dem Widersacher Gérard einen
profunden, wuchtigen Bariton verleiht. Maria Agresta wiederum tönt als
Maddalena intensiv bis herb, Isabel Signoret (Bersi) steuert einen
prägnanten Mezzo bei. Das Staatsopernorchester unter Francesco Lanzillotta
hält die Spannung mit ruppigen Tönen aufrecht, lässt jedoch Geschmeidigkeit
vermissen.
Was man als Leser der Untertitel übrigens vermisst:
Beistriche. Wäre schon fein, würden die Libretto-Bildschirme des Hauses
Nebensätze auch als solche ausweisen. Zuletzt ungeteilter Beifall mit
Kaufmann im Jubelfokus.
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