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Kurier, 28.9.2020 |
Peter Jarolin |
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Verdi: Don Carlos, Wiener Staatsoper, ab 27. September 2020
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Kein Schaulaufen der Stars, sondern ein Gesamtkunstwerk |
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Verdis „Don Carlos" mit Jonas Kaufmann und in der Regie von Peter
Konwitschny als Triumph eines Ensembles
An der Wiener Staatsoper hat
— auch in künstlerischer Hinsicht — eine neue Zeitrechnung begonnen. War es
in den vergangenen Jahren durchaus üblich, einen prominenten Namen
einzukaufen, diesen in ein oft mediokres Umfeld zu stecken und dennoch auf
den Zuspruch des Publikums zu hoffen, so ist das nun anders. Denn seit
Bogdan Roscic das Steuer des Operntankers am Ring übernommen hat, geht es
nicht um bloßen Staraufputz, sondern um zeitgemäßes, packendes Musiktheater
als Gesamtkunstwerk.
Das war auch bei der Wiederaufnahme der
fünfstündigen (inklusive Pausen) fünfaktigen, französischen Urfassung von
Giuseppe Verdis „Don Carlos" zu erleben.
Und ja, mit Jonas Kaufmann
war und ist (Reprisen: 1., 4., 7. und 11. Oktober) in dieser Produktion ein
Weltstar zu erleben. Aber — und das ist das wirklich Erfreuliche — dieser
„Don Carlos" ist keine reine Jonas-Kaufmann-Show, sondern der Triumph eines
grandiosen Ensembles.
Rückkehr Das beginnt im Orchestergraben, wo nach Franz Welser-Möst ein
weiterer, einst ebenfalls im Unfrieden geschiedener Dirigent sein lang
ersehntes Comeback gibt. Bertrand de Billy, der sich auch um diese
Verdi-Rekonstruktion extrem verdient gemacht hat, ist der richtige Mann, um
„Don Carlos" musikalisches Leben einzuhauchen. Extrem nuanciert, dramatisch,
zugleich innig gestalten De Billy und das überaus philharmonische Orchester
die Partitur. Die Einheit zwischen musikalischer Gestaltung und
Bühnengeschehen ist exemplarisch.
Debüt Dies kommt auch den
Interpreten zugute, die von De Billy zwar gefordert, aber auch auf Händen
getragen werden. So ist Jonas Kaufmann bei seinem Wiener Rollendebüt ein
ideal schmachtender Carlos, der stimmlich und darstellerisch mit seinem
schönen, ins Baritonale gehenden Tenor keine Wünsche offenlässt.
Doch
auch neben Kaufmann spielt es sich im wahrsten Sinne des Wortes richtig ab.
Wann hat man zuletzt so einen intensiven, kraftvollen Rodrigue gehört, wie
von Bariton Igor Golovatenko, der bei seinem Debüt am Ring zurecht mit
Bravos quasi überschüttet wurde. Igor Golovatenko — diesen Namen sollten
sich Opernfreunde merken.
Wie jenen der Schweizer Mezzosopranistin
Eve-Maud Hubeaux als in jeder Hinsicht fantastische Prinzessin Eboli. Auch
diese Debütantin ist ein Geschenk für die Staatsoper. Ebenfalls neu: Die
schwedische Sopranistin Malin Byström als schön singende Elisabeth de
Valois. Sie alle will man oft wieder hören.
Dazu kommen der stets
souveräne Michele Pertusi (als Einspringer für den an Corona erkrankten
Ildar Abdrazakov) in der Rolle des Philippe II, Roberto Scandiuzzi als
sicherer Großinquisitor, Dan Paul Dumitrescu sowie Virginie Verrez, Robert
Bartneck und Johanna Wallroth -bei Stimmen kennt sich Bogdan Roscic
definitiv aus!
Und noch eines ist großartig: Peter Konwitschnys so
hinreißend kluge und bitterkomische Inszenierung aus 2004 provoziert manche
Zuseher immer noch zu heftigen Bravo- und Buhrufen. Auch das soll sein. Denn
die „alte" Kunstform Oper - am Ring lebt sie (wieder).
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