|
|
|
|
Frankfurter Rundschau, 12.02.19 |
von Judith v. Sternburg |
|
Konzert, Frankfurt, Alte Oper, 10. Februar 2019 |
|
Mein einzig Licht
|
Jonas Kaufmann singt Französisches in der Alten Oper Frankfurt. |
|
Jonas Kaufmanns französisches Programm, in einer etwas anderen
Zusammensetzung auf seiner CD „L’Opera“ zu erleben, verbindet Hits und
Fundstücke sinnig und stimmig. Zumal die Fundstücke – aus Jacques Fromental
Halévys „La Juive“, Jules Massenets „Le Cid“ oder Ambroise Thomas’ „Mignon“
– doch selbst einst große Erfolge waren. Auch der freundliche Sänger aus
München, beim Pro-Arte-Konzert in der Alten Oper Frankfurt vor längst
ausverkauftem Haus mit beneidenswert schönen Rosen, Schokolade und
individuell verpackten Grußadressen beschenkt, stellt auf seine konziliante
Weise die Kanon-Frage: Wie halten wir es an unseren Opernhäusern mit den
französischen Klassikern jenseits von „Carmen“ oder „Werther“ (die natürlich
ebenfalls zum Zuge kamen)?
Kaufmanns sehr dunkel timbriertem Tenor
liegen die lyrischen, nachdenklichen Stücke, die in der Höhe Zartheit
wünschen und in höchstem Maße bekamen und eher in der Mitte erblühen, was
sich in einem geradezu verträumten Auftakt aus Meyerbeers „L’Africaine“,
„Pays merveilleux“, zeigte (dem interessierten Frankfurter Publikum dank der
Bernd-Loebeschen Spielplangestaltung keineswegs fremd). Kaufmanns sparsamer
Umgang mit der Strahlkraft seiner Stimme mag einer Rücksichtnahme geschuldet
sein, aber es ist auch ein eindrucksvolles Gestaltungsmittel – der Effekt
ist eine immense Kultiviertheit und sind gewaltige Steigerungen innerhalb
einer Arie vom sphärischen Wispern in ein rasches, vehementesCrescendo
hinein, so gleich im zweiten Titel, „Ah! lève-toi, soleil!“ aus Charles
Gounods „Roméo und Juliette“. Die flankierende Mezzosopranistin Kate Aldrich
sang sodann Carmens „Die Liebe ist ein widerspenstiger Vogel“ umso gerader
heraus, mit einer kühlen und beiläufigen Erotik, denn Bizets Heldin führt
etwas im Schilde.
Bei aller Feier der gepflegten Stimmkultur – und
was Kaufmann singt, singt er makellos – waren die schönsten Momente des
Abends womöglich doch die Opernhaften. Vor der Pause fanden sich Kaufmann
und Aldrich zum Finale des 1. „Werther“-Aktes zusammen, am Ende vor den
Zugaben zum „Carmen“-Finale. Man konnte dabei zuschauen, wie die beiden
Routiniers umstandslos in ihre Rollen schlüpften. Aldrich-Charlotte – obwohl
noch im knallroten Carmen-Kleid – verscheuchte mit ihrer bürgerlichen
Noblesse den todunglücklichen Kaufmann-Werther (nach seinem sensationellen
„Rève! Extase! Bonheur!“) regelrecht von der Bühne. Kaufmann-José stach
wiederum mit einem imaginären Messer zu, Aldrich-Carmen starb in seinen
Armen, alles weitere machte die Musik. Das ist Oper.
Das Orchester
PKF – Prague Philharmonia begleitete unter der Leitung von Jochen Rieder
blitzsauber.
|
|
|
|
|
|