Der Standard, 15. Oktober 2019
Ljubisa Tosic
 
Konzert, Wien, 14. Oktober 2019
Jonas Kaufmanns Suche nach Leichtigkeit
 
Offenbar liegt nicht Spannung, sondern eher Nervosität in der Wiener Operettenluft: Der Tenor bekennt freimütig, es wäre da bei ihm so ein Bauchkribbeln. Nicht nur sei es das erste Konzert einer Tournee, mit der er seine CD Wien (Sony) bewirbt. Das Ganze wird auch dokumentiert. Jonas Kaufmann ist das nicht unbedingt recht. Auch ein Weltklassetenor hat offenbar nicht alle Rahmenbedingungen im Griff.

Das Gute an Potpourrikonzerten wie diesem im Konzerthaus: Der Hauptdarsteller darf wie ein hin und wieder vorbeischauender Gast des eigenen Abends wirken. Die Bühne überlässt er gerne dem Orchester und kann sich so zwischendurch sammeln. Ein Glück. Kaufmann wirkt lange eher unlocker. Die strahlenden Spitzentöne kommen zwar immer. Im Nuancenbereich jedoch zeigt sich, dass hier einer auf dünnem Eis wandert. Das scheinbar leichte Repertoire von Schani Strauß wird zum Grenzgang.
Nichts Zauberhaftes

Erschwerend kommt hinzu, dass die Prague Philharmonia unter Jochen Riedler dominant bis blechlastig tönt und den sich langsam fangenden Tenor an diskreten Stellen zum Pantomimen werden lässt. Das Duett mit der respektablen, etwas herb klingenden Rachel Willis-Sørensen wiederum erinnert an die Erkenntnis: Wenn Timbres nicht zusammenpassen, entsteht nichts Zauberhaftes.

Kurzum: Der Star muss gegen eine Mauer heikler Umwelteinflüsse ansingen (auf CD begleiten ihn die Wiener Philharmoniker), wodurch seine Qualitäten eher spät zur Geltung kommen. Bei Wien, du Stadt meiner Träume und Leopoldis In einem kleinen Café in Hernals ist er bei sich. Kaufmann haucht die Lieder nicht, er durchschwärmt sie mit jener melancholischen Nonchalance, die ihren Charakter subtil offenlegt.

Nicht geknödelt

Es wirkte nichts gestelzt oder geknödelt – vielmehr magisch. Irgendwann riss es auch Bürgermeister Michael Ludwig vom Sitz, der Kaufmann schließlich mit dem Goldenen Rathausmann beschenkte. Möge dieser Trost spenden für einen doch eher ambivalenten Abend.


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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