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in Franken, 20.11.2019 |
Monika Beer |
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Korngold: Die tote Stadt, Bayerische Staatsoper, ab 18. November 2019
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Psychokrimi mit Happy End |
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Das Remake von Simon Stones Inszenierung der Korngold-Oper "Die tote
Stadt" im Münchner Nationaltheater gelingt dank großartiger Hauptsolisten
und der überragenden musikalischen Leitung von Kirill Petrenko.
"Kill your Darlings" lautet das Spielzeitmotto der Bayerischen
Staatsoper in München. Und schon die erste Premiere der Saison 2019/20 löst
dieses Leitmotiv ideal ein, denn in der dreiaktigen, 1920 uraufgeführten
Oper "Die tote Stadt" von Erich Wolfgang Korngold geht es genau darum: um
das Festhalten, Nicht-Loslassen-Können und Trauern, um Machtfantasien,
Wunsch- und Alpträume eines verzweifelt Liebenden - und ums Töten.
Paul heißt der Mann in diesem Psychokrimi, dessen Auslöser eine tote
Frau ist: Der Witwer trifft auf eine frivole Tänzerin, die seiner früh
verstorbenen Frau Marie aufs Haar gleicht. Marietta lässt nicht nur seine
psychopathologische Devotionalienkammer implodieren. Sondern sie verführt
ihn und bringt ihn in seinem Wahn, seinen Projektionen und Halluzinationen
dazu, sie zumindest im Traum umzubringen.
Realität und Visionen
Im Original spielt die Oper, deren Libretto sich am damaligen Kultroman
"Bruges-la-Morte" ("Die stille Stadt") von Georges Rodenbach orientierte, im
belgischen Brügge, das wie das morbide Venedig von Kanälen durchzogen ist
und wo die Grenzen zwischen Realität und Vision wie von selbst verschwimmen.
Die Inszenierung von Netflix-Shootingstar Simon Stone - er dreht für den
Streamingdienst den Historienfilm "The Dig" - , die als Operndebüt des
Regisseurs bereits 2016 am Theater Basel ihre viel beachtete Premiere
feierte, verzichtet auf das düster-dekadente Umfeld.
Anstelle
symbolistischer Szenarien setzt Bühnenbildner Ralph Myers einen kühlen
Bungalow mit der Nummer 37, der sich im virtuosen Licht von Roland Edrich in
ein labyrinthisches und in die Höhe wachsendes Alptraumhaus verwandelt. Auch
die Personenregie - bravourös umgesetzt von Maria-Magdalena Kwaschik,
Regieassistentin von Stone in Basel - zeigt dezidiert heutige Figuren.
Dass der stets korrekt gekleidete Paul (Kostüme: Mel Page) sogar einen
Hut trägt, unterstreicht seine Rückwärtsgewandtheit ebenso wie die
vielsagenden Filmplakate an den Wänden. Es ist nicht die schlüssige
Aktualisierung allein, die diese Interpretation auszeichnet: Denn was Simon
Stone herausgearbeitet hat, ist ein verkapptes Zwei-Personen-Stück, das mit
Chor, Kinderchor, Statisten sowie acht solistischen Nebenfiguren ausladend
besetzt ist. So engagiert und großartig Letztere auch singen und agieren,
der Abend gehört Marlis Petersen als Marietta/Marie sowie Jonas Kaufmann als
Paul.
Berührend und fesselnd Selbst wenn man über Kaufmanns
zuweilen gaumige und nicht immer frei wirkende Tenorstimme streiten kann,
ist sein Rollendebüt vollauf gelungen, denn Korngolds Paul ist eine der
anspruchsvollsten Partien überhaupt. Sie insgesamt ist so gut gesungen und
schauspielerisch so berührend und fesselnd zu erleben. Dies allein
rechtfertigt die Fahrt nach München. Erst recht gilt das für Marlis
Petersen, deren Karriere in Nürnberg begann. Bezwingend verkörpert sie zwei
Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können: die Erscheinung der
krebskranken, vom Tod gezeichneten Marie und die sehr reale, von Lebenslust
und Selbstbewusstsein sprühende Marietta.
Bis auf einen Spitzenton
gelang Petersen der vorgegebene Parforceritt schon bei der Premiere am
Montag mit unglaublicher Leichtigkeit, ja mühelos. Einfach phänomenal!
Kirill Petrenko, der leider nur mehr begrenzt im Nationaltheater wirkende
Generalmusikdirektor, ist nicht nur der Garant dafür, dass die Hauptsolisten
hier triumphieren. Wie immer lässt er sein von ihm auf Welthöchstniveau
gebrachtes Bayerisches Staatsorchester nur dann voll auffahren, wenn kein
Solist Angst haben muss, von den durchaus auch vorhandenen Klangfluten
zugedeckt zu werden.
Einsam mit einem Bier Mehr noch gelingt ihm
in seinem gleichermaßen analytischen wie mitfühlenden Ansatz, den
musikdramatischen Übergängen ebenso wie den vielen intimeren, zarten Stellen
der Partitur Überzeugungskraft zu geben. Die Münchner Aufführung ist der
längst fällige Höhepunkt der aktuellen Korngold-Renaissance.
Am Ende,
wenn der von seinen Grenzerfahrungen erschöpfte Paul einsam ein Bier trinkt
und nochmals den Superhit "Glück, das mir verblieb" anstimmt, spielt die
Inszenierung ergreifend auf den Arbeitstitel der Oper "Der Triumph des
Lebens" an.
Korngold war keine 20 Jahre alt, als er mit der
Komposition der Oper begann, die zum größten Bühnenerfolg der 20er und 30er
Jahre avancierte - bevor die Nazis sie aus den Spielplänen verbannten.
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