Passauer Neue Presse, 20.7.2019
Christiane Schmid
 
Konzert, Regensburg, 18. Juli 2019
"Ô Paradis!" – Jonas Kaufmann bei Thurn und Taxis
 
Es gibt wohl zurzeit keinen vielseitigeren Sänger von Weltklasse als Jonas Kaufmann. Er liebt auch sehr das hierzulande weniger präsente französische Repertoire und entführt sein Publikum gern ins Paris des 19. Jahrhunderts. Das gelang an diesem festlichen Sommerabend bei den Schlossfestspielen in Regensburg nicht sofort. Bei seiner ersten Arie "Pays merveilleux! Ô Paradis!" hatte er zunächst noch mit den Folgen einer Erkältung zu kämpfen. Doch mit Berlioz’ Faust-Arie "Merci, doux crépuscule" und Halévys hochemotionaler Arie "Rachel, quand du Seigneur" war der Bann gebrochen. Alles stand ihm – trotz unbefriedigender Verstärkertechnik – zur Verfügung: das Aufblühen, der Glanz der warmen, dunklen Stimme, schier endlose Legatobögen, metallische, schlackenlose Brillanz in der Höhe.

Das Ausstellen von Schönklang und Tenorkunststückchen ist aber nicht seine Sache, immer geht es ihm um die tiefere Wahrheit der dargestellten Person. Alles ist Ausdruck, ist gestaltet, jedes Wort, jede hauchzarte lyrische Phrase, jede Steigerung auf einen strahlenden Höhepunkt hin. "La fleur que tu m’avais jetée" ist dann nicht nur ein wunderschönes Stück Tenorliteratur, sondern man erlebt es als sehnsuchtsvoll beschwörende Anrede des aussichtslos liebenden Don José an seine bereits gleichgültige Carmen.

Sein langjähriger Dirigentenfreund Jochen Rieder begleitete ihn diesmal mit den Hofer Symphonikern, die auch reine Orchesterstücke spielten, am schönsten noch die Aragonaise aus „Carmen". Als Kaufmanns Partnerin begeisterte die stimmgewaltige, mittlerweile ebenfalls sehr differenziert gestaltende Anita Rachvelishvili. Mit kraftvoll erdiger, aber auch feiner Stimme verkörpert sie wunderbar die weibliche Urgewalt einer Carmen.

Beim tödlich endenden „Carmen"-Finale faszinierte die unvergleichliche Charakterdarstellung des verzweifelten, vergeblich flehenden, zum Äußersten entschlossenen José, man bekam fast Angst um die Mezzosopranistin. Zum Ausklang noch der zauberhaft leise Traum des Des Grieux aus Massenets „Manon". So geht Oper, selbst bei einem reinen Galaevent!


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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