Die Presse, 14.2.2018
VON THERESA STEININGER
 
Wolf: Italienisches Liederbuch, Musikverein, Wien, 12.Februar 2018
Damrau, Kaufmann und Hugo Wolfs „Italienisches Liederbuch" - ein großer Abend über „kleine Dinge".
 
Ein reiner Hugo-Wolf-Abend hätte unter anderen Umständen wohl ein Akzeptanzproblem. Wenn allerdings Opernsänger-Kaliber vom Rang einer Diana Damrau und eines Jonas Kaufmann auf der Bühne stehen, ist der Goldene Musikvereinssaal bis zum letzten Platz gefüllt. Die beiden hatten sich das „Italienische Liederbuch" nach ihrem Geschmack zurechtgerückt, sodass eine emotionale Liebesgeschichte vom ersten Schmachten über intensive Streitigkeiten bis zum finalen verzweifelten Spott daraus wurde und ein dramaturgisch spannender Bogen entstand.

Wenn Damrau „Er schuf die Schönheit und dein Angesicht" schwärmt, wagen die beiden wie zwei verliebte Teenager einander kaum anzusehen. Zu „Gesegnet sei das Grün" wird kokettiert. Wenn Damrau in „Man sagt mir, deine Mutter wollt' es nicht" Kaufmann zuflüstert, er möge alle Tage kommen, bringt das heftige Flirten das Publikum zum Lachen. Doch war gerade eben noch das Schwelgen im Vordergrund, wird „Schweig einmal still, du garst'ger Schwätzer dort" förmlich staccatoartig ausgespuckt, Hände werden selbstbewusst verschränkt. Der Überheblichkeit folgt Flehen, dann Verzweiflung. Sogar der nobel begleitende Helmut Deutsch am Klavier wird in dieses Spiel mit einbezogen, einmal als Vertrauter, einmal als jener, über den man sich mokiert.

Irgendwann ist genug gestikuliert
Wolfs Lieder werden durch das intensive Agieren zweier großartiger Singschauspieler kurzweilig und in ihrer neuen Abfolge stringent präsentiert. Wenn das Kommentieren des Gesungenen durch Gesten jedoch einen ganzen Abend dauert, wirkt manches plakativ und übertrieben. Bei den Duetten, die - mit iPad in der Hand - als Zugaben gesungen wurden, war das besonders spürbar. So unterhaltsam das Spiel vorab gewesen sein mochte, man war froh, sich hier wieder auf die Stimmen konzentrieren zu können.

Denn dass Damrau mit ihrem edlen, lyrisch-empfindsamen, leichten Sopran, mal verspielt gurrend, mal temperamentvoll, und Kaufmann mit warmer Färbung, Seriosität und später auch mit Wucht allein mit ihren Stimmen große Atmosphäre schaffen, ist bekannt. Dass sie oft Volumen zurücknahmen und dennoch nichts an Intensität vermissen ließen, brachte zahlreiche Facetten der Lieder zum Ausdruck, die alles andere als Petitessen sind. Das musikalische Vergnügen war jenem für das Auge mehr als ebenbürtig.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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