|
|
|
|
|
Die Presse, 5. August 2018 |
VON WILHELM SINKOVICZ |
|
Wolf: Italienisches Liederbuch, Salzburg, Großes Festspielhaus, 3. August 2018
|
Singen in Salzburg: Die inszenierten Konzerte |
|
Bei den Festspielen dramatisierten Diana Damrau und Jonas Kaufmann Hugo Wolfs »Italienisches Liederbuch« - und Sabine Devieilhe eine Mozartmatinee. |
|
Der Begriff Regietheater fällt manchen Festspiel-Besuchern mittlerweile
sogar im Konzertsaal ein. An dem Versuch, den intimen Liedgesang ins
Große Festspielhaus zu verpflanzen, sind ja schon bedeutende Interpreten
gescheitert. Die zarten Botschaften verfliegen allzu leicht in einer
Architektur, die für das „Elektra"-Orchester entworfen wurde.
Dem
Sängerpaar Diana Damrau und Jonas Kaufmann gelang es nun aber, Hugo Wolfs
„Italienisches Liederbuch" zum kurzweilig-spannenden Theaterabend zu machen.
Musik der zartesten Gebärde, des unmerklichen Augenaufschlags, der
vollkommenen Verinnerlichung - wenn auch gewiss das eine oder andere Stück
darunter ist, das den Rahmen vokaler Kammermusik sprengt und den
Wagner-Verehrer Wolf auf den Spuren der großen Szene zeigt.
Doch
lassen sich die einzelnen Lieder der Sammlung in eine dramaturgisch
sinnvolle Reihe bringen und dialogisch darbieten. Das haben schon
Interpreten-Größen von Seefried bis Fischer-Dieskau bewiesen. Freilich, ohne
dabei den Rahmen der üblichen, höchst undramatisch-steifen Konzertform zu
sprengen.
Diana Damrau und Jonas Kaufmann kümmern sich um die
klassische Auftritts-Etikette wenig. Sie „spielen" die kleinen Szenen und
Miniaturdramen nach Herzenslust aus, kokett und zickig, schmollend und
wutentbrannt, lässig-überheblich oder mit vorgetäuschter Nonchalance. Liebe,
Liebelei, alle Phasen pubertärer Lust und Verzweiflung hat Paul Heyse in
italienischen Gedichtvorlagen gefunden und sprachlich pointiert ins Deutsche
übertragen. Hugo Wolf hat es vertont und daraus unvergleichlich dichte,
zauberhafte, aber für Singende wie Lauschende hochkomplexe kleine
musikalische Kunstwerke geschaffen.
Der Star am Klavier. Und für den
Spielenden, möchte man ergänzen. Es ist kein Zufall, dass Helmut Deutsch die
lautesten Ovationen ernten durfte, der Wolfs vertrackten Klaviersatz in
einer Selbstverständlichkeit in Musik verwandelt, die an Hexerei grenzt
Immer wieder gilt es, heikle harmonische Vorgänge auszubalancieren, während
beide Hände mit pianistischer Kleinarbeit zu tun haben.
Alles tönt
leicht, locker, spritzig bei Deutsch, wie's die Texte und die Stimmungslagen
erheischen - und wo's drauf ankommt, sammelt sich die Konzentration auch im
Nu und lässt dem Hörer den Atem stillstehen, weil eine einsame Basslinie
plötzlich doch suggeriert, dass aus dem Spiel Ernst werden kann. Jonas
Kaufmann trägt derlei Verinnerlichung dann mit, singt mit einer
Verhaltenheit und einer Pianokultur, die auch den Gegenpol der Verliebtheit,
die Todesnähe, ins „Liederspiel" einbringt. Dafür trumpft er zwischendurch
auch mit Wagner'schem Tenor-Heldenmut auf.
Sopran-Manieren. Diana
Damrau bleibt dagegen befangen in ewiger Koketterie, manierlich und
manieristisch, je nachdem. Während Kaufmann jede Silbe des Textes perfekt
artikuliert, versucht die Sopranistin Wolfs Kunst der Wortausdeutung in die
Möglichkeit makelloser Tonproduktion umzumünzen: Manchmal fehlt es doch an
Aplomb - und an Textdeutlichkeit.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|