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Donaukurier, 05.08.2018 |
Hannes S. Macher |
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Wolf: Italienisches Liederbuch, Salzburg, Großes Festspielhaus, 3. August 2018
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Exquisite Gesangskultur |
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Hugo Wolfs "Italienisches Liederbuch" bei den Salzburger Festspielen |
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Gespannt durfte man sein, als in der Festspielvorschau bis vor Kurzem noch
zu lesen war, dass das Programm dieses Liederabends "erst später"
bekanntgegeben werde
Schließlich ist Jonas Kaufmann zwischen der
Münchner und der Wiener Staatsoper, zwischen der Mailänder Scala und der New
Yorker Met nicht nur ein stets umjubelter, sondern auch ein
vielbeschäftigter Tenor, der vermutlich keine Zeit mehr fand, ein neues,
exklusiv für das Festival an der Salzach gestaltetes Programm
einzustudieren. Folglich bat er Diana Damrau, die im Februar bereits in
Baden-Baden mit großem Erfolg präsentierten 46 Lieder aus Hugo Wolfs
"Italienischem Liederbuch" nun auch dem hier wiederum jubelnden
Festspielpublikum zu präsentieren: Liedkunst und Schöngesang in Reinkultur,
aber auch ein Abend des musikalischen Leichtgewichts.
Hübsch sind sie
alle, die meist kurzen Verse, die der Salondichter und spätere
Nobelpreisträger für Literatur Paul Heyse (1830-1914) nach Poesien
italienischer Autoren seiner Zeit verfasst hat: Von amourösen Neckereien
über glühende Liebesschwüre bis zu wütender Eifersucht samt der Tristesse
des Abschiednehmens künden all die Texte, die vor dem Hintergrund der
Schönheit der toskanischen Maremma-Landschaft letztlich doch wieder in der
jubelnden Versöhnung eines jungen Paares münden.
Zwischen 1890 und
1896 hat Hugo Wolf all dieses Poeme in stimmungsvolle musikalische
Miniaturen gegossen und in ein Wechselbad aus lieblichen Melodien in
wohlgefälligen Harmonien und emotional dramatischen Ausbrüchen getaucht.
Reizend ist das alles zweifellos, aber für anspruchsvolle Festspiele auch
etwas zu harmlos.
Wenn freilich Diana Damrau und Jonas Kaufmann
diesen Taumel zwischen Liebesapotheose und Trennungsschmerz sängerisch
brillant zelebrieren, da knistert's schon ganz gewaltig im Salzburger Großen
Festspielhaus, da beide Opernwelt-stars mit ihren Prachtstimmen und den
reizenden Bühnenflirts die jeweiligen Liebesregungen und Gefühlswallungen
mit Hingabe ihren darob ganz hingerissenen Zuhörern dedizieren.
Wenn
Jonas Kaufmann etwa mit seinem samtenen Tenorschmelz und keck charmierend
die Herzallerliebste anhimmelt und Diana Damrau das Liebeswerben mit
gespielter Emphase und ihrem zart-perlenden und strahlenden Sopran
zurückweist, da fühlten sich nicht wenige Fans großer Liedkunst im Elysium.
Wunderschön lyrisch ist Damraus Stimme, perfekt ihre Intonation und graziös
ihr Spiel bei all den Träumereien und Koketterien, aber auch voll Trauer und
Wut bei den seelischen Demütigungen des untreuen Lovers und der daraufhin
doch wieder neu erwachten Liebesglut. Virtuos und hinreißend.
Dass
Helmut Deutsch für all diese Herz-Schmerz-Poeme der kongeniale Liedbegleiter
am Klavier ist, stellte er auch diesmal wieder unter Beweis: Vornehm
zurückhaltend und doch die jeweiligen Liebesregungen und
Eifersuchtsausbrüche akzentuierend, ist er der Meisterinterpret dieser
harmonisch und ekstatisch weit ausschweifenden Melodien. Erfrischend, wie er
mit filigranen Anschlägen und auch loderndem Feuer Hugo Wolfs Intentionen
der Liebe à la Italianità am Steinway realisiert. Und zwischen der mit
inniger Gesangsfreude hingetupften launigen Liederfolge kommt es einem in
den Sinn, dass Jonas Kaufmann vor nicht gerade einem Monat im Münchner
Nationaltheater mit Bravour die höchst anspruchsvolle Partie des Parsifal
sang und Diana Damrau eigentlich auch nicht unbedingt die Repräsentantin
leichter musikalischer Kost ist. Aber nach der hochdramatischen "Salome" und
dem erbitterten Geschlechterkampf in Heinrich von Kleists "Penthesilea"
darf's für das Festspielpublikum zur Abwechslung und vor allem zur Erholung
der Prachtstimmen der beiden Gesangsstars auch mal "nur" ein anmutiger
Liederabend sein.
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