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Revierpassagen, 25. Februar 2018, 19.2.2018 |
Werner Häußner |
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Wolf: Italienisches Liederbuch, Essen, Philharmonie, 18. Februar 2018
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Eifersucht und Seelenschmerz: Diana Damrau und Jonas Kaufmann mit Hugo Wolfs „Italienischem Liederbuch“ in Essen |
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Die Bühne lässt sie nicht los. Auch nicht, wenn es um einen umfangreichen
Zyklus von Liedern geht, dem „Italienischen Liederbuch“ Hugo Wolfs. Eben
noch beschreibt der jugendliche Liebhaber, was er in der Gewitternacht
draußen vor der Tür erdulden musste, da fragt die Angebetete genervt: „Wer
rief dich denn? Wer hat dich herbestellt?“ und schickt ihn gleich weg „zu
dem Liebchen, das dir mehr gefällt“. Diana Damrau und Jonas Kaufmann machen
daraus eine kleine Szene, mit Augenrollen und Schmollemund, Flehensgeste und
Abweisung.
Die beiden Star-Sänger, die auf ihrer Tournee mit Hugo
Wolf in der Philharmonie Essen Station machten, wollen das szenische,
darstellerische Element nicht missen. Damit die Zwiegespräche einer
eifersüchtigen Liebe funktionieren, kombinieren sie die 46 vertonten
poetischen Miniaturen des kultivierten, im München des fin de siècle zur
Berühmtheit gewordenen Schriftstellers Paul Heyse in einer neuen Abfolge.
Abwechselnd von Frau und Mann gesungen, entstehen so kleine
Beziehungs-Szenen, schwärmerische und schnippische Dialoge, aber auch
Momente des Hochgefühls, des Sehnens, der Bitterkeit und der Kränkung.
Das Konzert war wohl eher wegen der glamourösen Namen als wegen der
Zuneigung zu Hugo Wolfs feinsinniger Kunst bis auf den letzten Platz
ausgebucht. Eingekesselt von Zuhörern sogar auf der Bühne, lassen sich die
beiden Profis dennoch nicht beirren: Diana Damrau fasst den Sinn der Worte
in vielfältig variierten Klang, als sie erklärt, dass auch „kleine Dinge uns
entzücken können“. Das Timbre der gefeierten „Traviata“, der passionierten
„Lucia di Lammermoor“ ist satt und leuchtend, der Ton entfaltet sich frei
und ungezwungen, die Worte werden musikalisch nuanciert ausgedeutet: Damrau
kann mit koketten Färbungen spielen, wenn sie ihrem Partner auf dem Podium
an den Kopf wirft, sie sei verliebt, „doch eben nicht in dich“. Aber sie
trifft eben auch sehnsüchtige Untertöne, die pubertäre Hilflosigkeit des
jungen Mädchens und manchen leisen Moment der Trauer.
Ein Touch von
Theater
Die vielen Schattierungen zwischen halblaut und zärtlich
leise gelingen auch Jonas Kaufmann: Nach belegtem Beginn und ein paar
Schleiern auf der Stimme gibt er sich hymnisch entzückt über die von Gott
geschaffene Schönheit, bejubelt „hohen Reiz und Zauber“, zeigt sich betrübt
über den Zorn der Angebeteten, bockig, versöhnungswillig, verschmitzt,
leichtfüßig und gespielt pathetisch.
Kaufmann setzt sein dunkles
Timbre ein, wenn er die Stimmung von „Heut Nacht erhob ich mich um
Mitternacht“ musikalisch zeichnet; er drückt die Zärtlichkeit der mühsam
gezähmten Leidenschaft im „Wenn du mich mit den Augen streifst“ mit
verhaltenem Mezzoforte aus; er reduziert den Klang in äußerster Delikatesse,
wenn er bekennt: „Ich sterbe lieblich, sterb‘ ich deinetwegen”. Das alles
hat einen Touch von Theater – der aber der Poesie der Lieder keinen Abbruch
tut.
Ein Wunder für sich ist Helmut Deutsch am Flügel: Er hält mit
leichtem Tonfall das Opernhafte in Grenzen, gestaltet die Wortgefechte mit
diskretem Humor aus, zaubert dunkle, unheimliche, grotesk hysterische,
leuchtend lyrische Farben dahin, dass es eine pure Wonne ist. Das ist Tiefe,
im Leichten entdeckt.
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