Kurier, 7. Mai 2017
Peter Jarolin
 
Puccini: Tosca, Wiener Staatsoper, 5. Mai 2017
Gheorghiu und Kaufmann: Kuschelkurs statt Rivalität
 
Jonas Kaufmann gegen Angela Gheorghiu — das ist oder war zumindest Brutalität. Wir erinnern uns: Vor etwas mehr als einem Jahr standen die beiden Superstars in Giacomo Puccinis „Tosca" gemeinsam auf der Bühne der Wiener Staatsoper. Alles war soweit in Ordnung, bis Kaufmann die Cavaradossi-Arie nach endlosem Jubel „E lucevan le stelle" wiederholte.

Als es danach regulär weitergehen sollte, kam Gheorghiu nicht auf die Bühne. Kaufmann improvisierte, sang „Dole il soprano?", also „Wo ist der Sopran?" und entschuldigte sich beim Publikum, ehe Gheorghiu doch noch erschien. Gerüchten zufolge kam es zwischen den beiden Künstlern zu Spannungen in der Frage der Wiederholung von Arien.

Nichts davon war beim Auftakt der aktuellen „Tosca"-Spielserie (Reprisen: 8., 11. Mai) im Haus am Ring zu sehen. Im Gegenteil. Denn als Floria Tosca ging Gheorghiu (rollengemäß) auf intensiven Kuschelkurs gegenüber ihrem Partner Kaufmann. Tosca herzte, koste und küsste ihren Mario Cavaradossi in Gestalt von Kaufmann bei jeder Gelegenheit; dieser verzichtete trotz Publikumsaufforderungen auf ein Da capo von „E lucevan le stelle".

Und so hörte man eine lyrische, hingebungsvolle Tosca, denn Gheorghius Sopran ist einfach hinreißend schön. Und Kaufmann - der Tenor ist allerdings längst in einem anderen Fach angekommen - durfte nach verhaltenem Beginn in seinen Arien glänzen und wurde dafür hymnisch gefeiert. Dritter im Bunde: Marco Vratogna als souveräner, fast zu netter Scarpia. Solide das übrige Ensemble; nur Hausdebütant Eivind Gullberg Jensen ließ es am Pult des Orchesters allzu sehr krachen.





 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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