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Passauer Neue Presse, 13.03.2017
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von Michaela Schabel |
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Giordano: Andrea Chenier, Bayerische Staatsoper, 12. März 2017
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Inszenierung als Zoom in die Vergangenheit |
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Jonas Kaufmann singt Andrea Chenier |
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Ein Horror-Clown schwenkt die französische Fahne und ist der Bezug zu
heute. Doch Regisseur Philipp Stölzl zoomt über ein offenes mehrstöckiges
Adelspalais zurück in die historische Vergangenheit. Es wird geputzt,
gekocht, gestickt. Fleißig schuftet die Dienerschaft in den niedrigen
Kellerräumen, damit es in der Belle Etage an nichts fehlt.
Diesen
Detailrealismus hat Giordanis vierte Oper (1896), dramatisch und melodisch
eine veristische Glanzoper, nicht nötig.
Unter der musikalischen
Leitung von Omar Meir Wellber entfaltet sich zwischen Harfenpoesie und
sonor dunklen Orchesterklang der emotionale Facettenreichtum dieser
Partitur mit dramatischer Wucht und filmischer Suggestionskraft. Chor
(Leitung Stellario Fagoni) und Orchester entwickeln wunderbare Genrebilder
zwischen lyrischem Piano und Revolutionsforte. Das sängerische
Staraufgebot ist kaum zu toppen. Anja Hartero interpretiert die Partie der
Maddalena mit faszinierender Farbklang, funkelnder Brillanz, beseelten
Dynamik und schauspielerischer Leidenschaft. Jonas Kaufmann wirkt dagegen
in der Titelrolle am Premierenabend sehr angestrengt. Raumgreifenden
Enthusiasmus vermittelt er selten, besser die lyrischen Linien, wobei der
Ansatz im Piano wenig gelingt. Bestens besetzt ist Gérard mit Luca Solti.
Mit mehr Mut für weniger Bühne, wäre "Andrea Chénier" ein Volltreffer. |
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