Abendzeitung, 01.08.2016
Robert Braunmüller
 
Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg, Bayerische Staatsoper, 28. Juli 2016
Das Beste zum Schluss - die "Meistersinger" unter Petrenko
Die Münchner Opernfestspiele enden mit Wagners „Meistersingern“ unter Kirill Petrenko im Nationaltheater
 
In einer guten Aufführung eines oft gehörten Werks entdeckt man immer was Neues. Etwa das Wahn-Motiv, das die tiefen Streicher kurz vor Beckmessers zweiter Preislied-Strophe anklingen lassen: Niemand verheddert sich in dieser Komödie mehr in der allgemeinen Welt-Verwirrung wie der verliebte Stadtschreiber.

Kirill Petrenko dirigiert die „Meistersinger“ mit raschen, drängenden Tempi als Komödie. Aber es gibt immer wieder sehr bewusst gesetzte, unerwartete Ruhepunkte. Dem Wahn-Motiv gehört auch schon im Vorspiel zum dritten Aufzug seine ganze Liebe. Und im zweiten lässt er in einem kurzen Orchesterzwischenspiel die Liebe Stolzings zu Eva aufkochen wie das heiße Blut von Tristan und Isolde. Wunderlicherweise hält Petrenko das „Wach auf!“ fast noch länger als Christian Thielemann. Mit der Tradition vertraute Dirigenten wie Richard Strauss hielten das für falsch, und sie haben wohl recht.

Zum Abschluss der Opernfestspiele gab es die „Meistersinger“ noch einmal in der vielgelobten Besetzung der Premiere vom Pfingstmontag. Man könnte wieder nun Jonas Kaufmann (Stolzing), den tapfer durchhaltenden Wolfgang Koch (Sachs) und die herbe Sara Jakubiak (Eva) preisen: Wir halten uns hier an Okka von der Damerau. Sie erfindet die immer etwas unauffällige Magdalene mehr oder weniger neu: als patente, selbstbewusste junge Hausfrau. Das ist eine reife Leistung.

Neu war nur Martin Gantner: Er vertrat als Beckmesser den in Bayreuth als Gunther gebundenen Markus Eiche. Der früher oft zu einer zappeligen Komik neigende Künstler sang und spielte den Stadtschreiber überraschend seriös – ganz im Sinn der Inszenierung von David Bösch. Am Ende schießt Beckmesser zum C-Dur-Jubel um sich: Noch ein guter Grund, warum die Aufführung am Tag der Trauerfeier für die Opfer des Amoklaufs im OEZ nicht als „Oper für alle“ auf den Max-Joseph-Platz übertragen wurde.






 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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