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Bachtrack, 27. September 2015 |
David Renke |
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Verdi: Aida, Bayerische Staatsoper, September 2015
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Jonas Kaufmann und Krassimira Stoyanova in Christof Nels puristischer Aida an der Bayerischen Staatsoper |
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Giuseppe Verdis Aida hält alles bereit, was man für eine bombastische
Operninszenierung braucht: zwei Rivalinnen, die um einen Mann kämpfen, zwei
Staaten, die in den Krieg ziehen und schließlich der Tod der Titelheldin und
ihres Geliebten. Begleitet wird das ganze vom triumphalen Getöse des
Orchesters. Doch was, wenn man einfach auf den ganzen Pomp verzichtet und
eine ganz schlichte Inszenierung wählt? Funktioniert das überhaupt? Die
Bayerische Staatsoper hat das am Freitag eindrucksvoll unter Beweis
gestellt: Aida geht auch anders.
Zugegeben, eine gewisse
„Eingewöhnungszeit“ forderte Christof Nels puristische Inszenierung schon.
Kahle, hoch aufragende Aufbauten mit Geländern auf der Spitze stellen den
Königspalast in Memphis dar, der beliebig gedreht werden kann. So werden
verschiedene Blickwinkel auf die Räumlichkeiten möglich, die nur mit sehr
wenigen Requisiten ausgestattet werden. Die Aufbauten selbst sind
verschiebbar und schaffen bei Bedarf Platz für neue Räume, wie zum Beispiel
für die Zeremonie zur Weihe der Waffen der Ägypter. Im dritten Akt sind die
Geländer abgedeckt, sodass die Kulisse – nun als Tempel der Iris – noch
kälter und abweisender wirkt und ahnen lässt, welche Dramen diese Oper in
den letzten beiden Akten noch bereit hält.
Für die Schlussszene im
Gefängnis verzichtet Nels auf jegliche Kulissen; so wird Radamès Kerker
gerahmt von den drei schwarzen Bühnenwänden. Düster wird so die
Ausweglosigkeit der beiden Liebenden, Radamès und Aida, deutlich. Einige
kleine Details gibt es bei den Kostümen zu entdecken: Die Priester,
angeleitet von Ramfis, sind komplett in schwarz gekleidet und mit Messern
und Harnischen ausgestattet. Die selbe Ausstattung steht auch Radamès und
seinen Kriegern zur Verfügung, während die unterlegenen Äthiopier und
Sklaven in Lumpen über die Bühne laufen.
Nels Aida setzt nicht auf
strahlende Triumph-Momente – diese gestalten das Ensemble mit Chor und
Statisterie in Massenszenen – sondern konzentriert sich auf die dunklen,
mystischen Momente. Und dazu trägt das großzügig verwendete Kunstblut seinen
eigenen Beitrag bei. Dennoch setzt Nels Inszenierung ein hohes Maß an
schauspielerischer Fähigkeit und Fingerspitzengefühl bei der musikalischen
Ausgestaltung voraus, um Flauten zu vermeiden.
Dies bewies Dan
Ettinger am Pult in jedem Fall. Der ruhige Beginn der Oper klang bei ihm
kammermusikalisch, wobei das Bayerische Staatsorchester von Anfang an mit
beeindruckender Homogenität agierte. Im Triumphakt führte Ettinger das
Orchester zu seinem vollen Klang und kostete die Musik voll aus. Den Kontakt
zur Bühne verlor er dabei nie, sodass selbst die opulenten Szenen mit Chor
und Solisten mit präziser Geschlossenheit überzeugten. Die Spielfreude des
Orchesters wurde besonders in den Solopassagen deutlich. Den
Instrumentalsolisten, zum Beispiel in den Holzbläsern, ließ Ettinger viel
Freiraum, sodass der triumphale Klang einige tänzerische Momente erhielt.
Für Jonas Kaufmann als Radamès ist die Aufführung in München die erste
szenische Aida, die er singt. Der zwischen der Liebe und dem Vaterland
zerrissene Radamès gelang ihm dabei glaubhaft. Mit klagendem Pianissimo oder
kühnem Forte füllte er seine Rolle mit vielen verschiedenen Klangfarben aus
und bewies im Zusammenspiel mit seinen Gesangspartnern ein gutes Gespür für
die richtige Dosierung seiner Stimme. Kaufmanns baritonales Timbre passte
dabei vor allem zum dem der Aida, die an diesem Abend von der bulgarischen
Sopranistin Krassimira Stoyanova gesungen wurde. Mit klarem Timbre war
Stoyanovas Aida eine jugendliche, ebenfalls innerlich zerrissene
Titelheldin. In den Spitzentönen war Stoyanova zwar etwas dünn, doch das
machte sie mit ihrem Schauspiel wieder wett.
Den dramatischen
Höhepunkt setzte allerdings Mezzsopranistin Anna Smirnova als Amneris. Ihr
volles, dunkles Timbre ist sie meiner Meinung nach ideal für die Rolle der
Eifersüchtigen. Mit ihrem großen stimmlichen Volumen, das sie sich bis in
ihre Spitzentöne behielt, schien sie das Königreich als Königstochter
bestens im Griff zu haben. Doch als Amneris bewusst wird, dass ihr Geliebter
sterben wird, zeichnete Smirnova diese Verzweiflung mit größter Präzision
nach.
Ain Anger, der den Part des Ramfis übernahm, konnte besonders
in seinen mystischen Szenen überzeugen. Sein tiefdunkler Bass verlieh der
Gerichtsszene mit Radamès eine beklemmenden Atmosphäre; die Zeremonie vor
der Schlacht gegen die Äthiopier hingegen erfüllte Anger mit strahlendem,
feierlichen Timbre. Den König der Äthiopier Amonasro sang der italienische
Bariton Franco Vassallo. In seiner Gestaltung des Vaters, der sich und seine
Tochter retten will, überzeugte er mit unerbittlichen, teilweise
bedrohlichem Timbre sowohl stimmlich als auch schauspielerisch.
Christof Nels Aida ist in vielerlei Hinsicht keine gewöhnliche Aida. Dieser
etwas andere Blick tut auf jeden Fall gut, besonders wenn die Musik mit
solcher Exzellenz dargeboten wird. |
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