Salzburg 24, 14. August 2013
 
 
Verdi: Don Carlo, Salzburger Festspiele, 13. August 2013
 
Total normal: Peter Steins “Don Carlo” in Salzburg
 
 
Bei den Salzburger Festspielen hat am Dienstagabend ein konservativer “Don Carlo” von Regisseur Peter Stein Premiere gefeiert. Steins Regie-Konzept von Verdis düster-schwerem Jahrhundertwerk wirkte szenisch wenig inspiriert und ohne künstlerisch-kreative Idee. Dafür hat Stein aber die (singenden) Schauspieler gut geführt und insgesamt handwerklich meisterlich gearbeitet.

Im Verein mit den brillanten Sängern und den klanglich hervorragend disponierten Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Antonio Pappano ist dieser “Don Carlo” somit zum Erfolg geworden. Stein, dessen Name in den vergangenen Jahren wie kaum ein anderer für die Abkehr vom deutschen Regietheater und für die restaurative Rückführung auf das Werk an sich steht, hat diesen neuen “Don Carlo” in der originalen, also fünfsätzigen und mehr als fünfstündigen Version (inklusive zwei Pausen) auf die Bühne gebracht.

Bühnenbildnerin Annamaria Heinrich steckte die Protagonisten des Dramas am spanischen Königshof des 15. Jahrhunderts in historische, schwülstig-opulente Kostüme. Die Bühne von Ferdinand Wögerbauer beginnt mit bitterkaltem Wald in Frankreich, führt über einen Klostergarten zum Kirchplatz für das Autodafee bis zum kammerspielartig verkleinerten Bühnenausschnitt für Philipps einsame Grübeleien. Alles ist schmucklos, Stein und sein Team verzichten fast durchgängig auf Mobiliar, Requisiten gibt es kaum.

Das fokussiert auf Verdi. Leider zieht Stein diese Kargheit nicht entschlossen durch und lässt Massen an Statisten und Choristen aufmarschieren, vor allem in der Hinrichtungs-Szene. Da erstickt dieser “Don Carlo” plötzlich in bunten Menschen mit und ohne Schwert und Lanze. Hier sackt die Spannung weg, und das Publikum scheint ein wenig tiefer zu versinken in seinen Stühlen. Dieser zu groß und aufwendig inszenierte dritte Akt ist zweifellos der Tiefpunkt dieses insgesamt aber schlüssigen und unspektakulären Opernabends.

Alles ist “total normal” an dieser Inszenierung, und trotzdem ist sie kurzweilig. Denn Stein, der nicht nur auf “Regietheater-Mätzchen”, sondern gleich auch auf jegliche ästhetische und inhaltliche Interpretation verzichtet, hat die Beziehungen der Figuren zueinander handwerklich souverän herausgearbeitet.

Der Applaus des Premierenpublikums wirkte ein wenig lasch, nach nur einem Vorhang war Schluss und von Jubel keine Spur. Aber das lag wohl an der späten Stunde. Alle waren müde nach fünfeinviertel Stunden einerseits hochklassigem, andererseits wenig inspirierendem Drama über die Niederlage der Liebe gegenüber der Macht.













 
 
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