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Salzburger Nachrichten, 14.08.2013 |
Von Ernst P. Strobl |
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Verdi: Don Carlo, Salzburger Festspiele, 13. August 2013 |
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"Don Carlo"-Premiere: In Stein gehauene Sängerelite
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Salzburg hat Glück, zwei Stein-Theater zu haben: eines in Hellbrunn, seit Jahrhunderten, eines im Großen Festspielhaus, seit Dienstag. Peter Stein inszenierte dort "Don Carlo", das Premierenpublikum war begeistert. |
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Wer sich von dieser unendlichen Schönheit dieser Musik nicht packen lässt,
dem ist schwer zu helfen. Über die theatralische Umsetzung der Geschichte
aus dem spätmittelalterlichen Spanien nach Karl V. lässt sich trefflich
diskutieren. Und zwar genau aus dem Grunde, dass Peter Stein darauf beharrt,
streng nach dem Büchlein zu inszenieren und nicht - man kennt das - Träume,
Albträume, Querverweise oder Superideen umzusetzen. Sondern zu zeigen, was
der Dichter meint, was zu vielstündigen Stein-Theaterabenden oder, in diesem
Fall, zu einer fünfaktigen und -stündigen Oper führen kann. Dennoch, es wird
nicht zu lang. Dafür sorgen Verdis Genie und eine fabelhafte
Sängerbesetzung.
Von Frankreich nach Spanien
Peter Stein und sein Mitstreiter, der Dirigent Antonio Pappano, haben sich
entschlossen, eine italienische Fassung des "Don Carlo" mitsamt dem
Fontainebleau-Akt zu zeigen, um von Beginn an die Logik der politischen und
amourösen Beziehungen offenzulegen. Das hilft dem Verständnis natürlich
enorm. Die politischen Umstände, der Krieg zwischen Spanien und Frankreich,
die Knechtung Flanderns und der Widerstand gegen die brutale Herrschaft des
spanischen Königs Filippo II. bilden den Hintergrund zu einer brisanten
Liebesbeziehung. Elisabetta, französische Königstochter, ist dem spanischen
Infanten Carlo versprochen, die beiden lernen sich im aus Not abgeholzten
Wald von Fontainebleau kennen, es ist Liebe auf den ersten Blick. Als die
Botschaft eintrifft, dass Elisabetta Filippo, den alten König, heiraten
muss, fügt sie sich, Carlo bleibt erstarrt zurück. In Spanien kommt es zu
dramatischen Entwicklungen. Die Liebe der jungen Leute ist nicht abgekühlt.
Der König ahnt, seine ehemalige Geliebte Eboli ahnt und entdeckt, Carlos
bester Freunde Posa weiß die Wahrheit.
Auch die Politik greift neben
den Intrigen noch ein, und über allem, sogar über dem König, steht der
Großinquisitor. Der lässt Ketzer verbrennen und zwingt den König, den
einzigen ehrlichen Menschen, den Humanisten Posa zu opfern. Es zählt zu den
Höhepunkten, das berühmte Freundschaftsduett von Carlo und Posa. Zuletzt
kann nur mehr einer den Königssohn Carlo vor seinem eigenen Vater und der
Inquisition retten: Das Gespenst vom Kloster San Yuste oder eventuell auch
Karl V. persönlich, der seinem Grabmal entsteigt, bei Peter Stein wie der
Goldene Gast.
Ketzer brennen im Videofeuer Es
gibt nie Zweifel auch in szenischen Verdichtungen, dafür sorgt Steins Regie.
Ferdinand Wögerbauer hat diverse Schauplätze auf die Bühne gestellt,
riesengroß wie die kahle Schneefläche von Fontainebleau, einen Pool für die
Damenabteilung des Schlosses oder eine Tribüne für das furchtbare Volksfest
des Autodafé, die Ketzer verbrennen im Videofeuer. Für intime Szenen wie des
Königs Rückzugraum bildet der Vorhang kleine Ausschnitte. Die Kostüme
(Annamaria Heinreich) sind prächtigen historischen Vorbildern
nachgeschneidert. Alles ist recht edel.
Für die anspruchsvollen
Hauptrollen hat man ein Staraufgebot mit kostbaren, unverwechselbaren
Stimmen zusammengestellt. Jonas Kaufmann als Don Carlo und Anja Harteros als
Elisabetta sind schlicht grandios, ein berührend verwirrtes Paar. Auch
Thomas Hampson als Posa und Ekaterina Semenchuk als Eboli haben großen
Anteil an der anhaltenden Faszination des Abends. Matti Salminen als Filippo
II. und Eric Halvarson als Großinquisitor sind zwei alte Männer von der
gefährlichen Sorte. Kleinere Rollen sind mit Robert Lloyd (Mönch), Maria
Celeng (Page), Sen Guo (Stimme vom Himmel) etc. bestens besetzt, die
flandrischen Gesandten sogar aus dem YSP. Die Konzertvereinigung Wiener
Staatsopernchor setzt sich bestens und breitwandig in Szene.
Die
erfahrenen, kultivierten Wiener Philharmoniker - was für Cellosolo zu
Filippos Arie! - mit dem sehr sensibel, aber auch zupackend dirigierenden
Antonio Pappano bieten einen weiteren Grund zum Jubel. Düsternis und
Farbenpracht schließen einander nicht aus. Dass diese Verdi-Premiere auch
ein gesellschaftlicher Höhepunkt dieses Salzburger Festspielsommers war -
wen wundert's?
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