OVB, 27.7.2013
Von Christof Fiedler
 
Verdi: Don Carlo, Bayerische Staatsoper, 25. Juli 2013
 
Liebe, Intrige und Inquisition
 
 
Münchner Opernfestspiele: Exzellentes Star-Ensemble: Zubin Mehta dirigierte in der Bayerischen Staatsoper Giuseppe Verdis Oper „Don Carlo“
 
Grau, grau, grau sind alle meine Kleider, grau… ist alles was ich hab’. Nur die Liebe hat, entgegen dem bekannten, allerdings bunten Kinderlied, keinen Platz im tristen Dreieck zwischen Staatsräson, Intrige und Inquisition. Die Inszenierung von Verdis „Don Carlo“ im Rahmen der Münchner Opernfestspiele (musikalische Leitung: Zubin Mehta) ist wie aus einem Guss, schließlich liegen Regie, Bühne, Kostüm und Lichtkonzept in einer Hand, einer bewährten dazu: Jürgen Roses. Und so sind nicht nur die Kostüme mehrheitlich grau, die Inszenierung zeigt verstörende Enge im perspektivisch verengten Guckkastenformat, einem grau steinernen Machtzentrum, mit einem omnipräsenten übergroßen Kreuz, das sich, schräg an eine Wand gelehnt, der Strenge des Raums widersetzt.

Die Hauptfiguren suchen abwechselnd räumliche Nähe oder maximale Distanz zum Kreuz. Wo so viel Enge und Farblosigkeit regiert, muss das den ganzen Bühnenraum zu einem karnevalhaft-obszönen Umzug nutzende, farbensprühende Autodafé noch bizarrer wirken. Eine Lichtgestalt in mehrfacher Hinsicht ist die (gänzlich unhistorische) Figur des Rodrigo. Bariton Ludovic Tézier hebt den frühen Künder der zur Spielzeit noch fernen Aufklärung in strahlend reinster Belcanto-Manier aus dem Kontext der französischen Grand opéra, mit deren Gesetzmäßigkeiten sich Verdi aus entstehungsgeschichtlichen Gründen arrangieren musste. Jonas Kaufmann als Don Carlo emanzipiert sich im Laufe der Aufführung vom schwächlichen Infanten, dessen auch zunächst gesanglicher Schmalbrüstigkeit man die alles verzehrende Liebesglut nicht recht glauben mag, über das gelungene Freundschaftsduett hin zum schmelzend schönen, erwachsen-kontemplativen Duett mit Elisabeth (Anja Harteros) im fünften Akt. René Pape als Philipp II. beherbergt in seinem gesanglich wie spielerisch in jeder Hinsicht überzeugenden Auftritt den Spannungsbogen zwischen Mensch und Monarch in einer Intensität, der man sich nicht entziehen kann. Ekaterina Gubanova gefällt als Intrigantin Eboli.

Das anfänglich ab und an getragene Königsrot der Monarchen landet im Dreck und weicht Grau. Nur die Farbe des faschistoid auftretenden Großinquisitors (Taras Shtonda) hat im Reigen der grau-todessehnsüchtigen Verlierertruppe Bestand: Purpur, purpur, purpur ist alles… – was zählt.









 
 
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