Münchner Abendzeitung, 07.04.2012
Volker Boser
 
Mahler: Das Lied von der Erde, Salzburg, 3. April 2012
 
Adieu mit Licht und Schatten
 
Die Berliner Philharmoniker nehmen mit Simon Rattle und Zubin Mehta Abschied von den Salzburger Osterfestspielen

Die teuerste Opernkarte 510 Euro, das billigste Konzertticket 90 Euro: Kein Wunder, dass im Großen Festspielhaus in Salzburg Plätze leer blieben. Zumal auch die Programm-Dramaturgie nicht ohne weiteres einleuchtete. Im zweiten der drei Orchesterkonzerte dirigierte Simon Rattle zunächst das "Nachtlied" sowie das Klavierkonzert von Schumann, danach Berios "O King" und - nahtlos sich anschließend - das "Requiem" von Fauré. Zusammenhänge sucht man da vergebens. Pianist Murray Perahia hatte für Schumann den richtigen Tonfall parat. Leicht verhangen und alles andere als brillant: Das Ergebnis war eindringlich, aber unspektakulär. Der weinerlichen Larmoyanz des Fauré- "Requiems" rückte Rattle mit den stilistisch anfechtbaren Solisten Kate Royal und Christian Gerhaher sowie dem Berliner Rundfunkchor durch eine wohltuende Direktheit des Ausdrucks zu Leibe.

Weil Zubin Mehta seit nunmehr 50 Jahren die Berliner Philharmoniker dirigiert, überließ ihm Simon Rattle großzügig das Eröffnungskonzert. Bruckners achte Symphonie zählt zu den Glanzstücken Mehtas. Die innere Ruhe, mit der er das Geschehen behutsam vorantrieb, führte auch diesmal zu grandios ausbalancierten Ergebnissen. Hier und auch am letzten Abend mit Mahlers "Lied von der Erde", bei dem wieder Simon Rattle am Pult stand, wurde deutlich, warum die Berliner einen Spitzenplatz in der Liga einnehmen. Die manchmal geradezu improvisiert anmutende Freiheit, mit der die Holzbläserihre Soli bewältigen, der Klangder Streicher, stets den stilistischen Erfordernissen angepasst, die kraftvolle, nie lärmende Energie der Blechbläser - das alles wird von keinem anderen Orchester übertroffen.

Bei den Mahler-Solisten Licht und Schatten: Während Anne-Sophie von Otter aus einer womöglich sich andeutenden stimmlichen Not eine Tugend machte und sehr zurückhaltend sang, schöpfte Jonas Kaufmann einmal mehr aus dem Vollen. Und dennoch standen nicht sie, sondern ein anderer im Mittelpunkt: Emanuel Ax hatte zuvor Beethovens zweites Klavierkonzert derart munter und souverän gespielt, dass er nicht ohne eine Zugabe(Chopin) davon kam. Simon Rattles ungewöhnliche Reverenz an seinen Solisten: Er setzte sich aufs Dirigentenpodium und hörte andächtig zu.

 






 
 
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