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Hamburger Abendblatt, 29.9.2012 |
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Liederabend, Hamburg 27.9.2012 |
Ein sehr männlicher Liederabend mit Kaufmann
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Ein Bild von einem Mann: Umjubelter Auftritt von Startenor Jonas Kaufmann und seinem Pianisten Helmut Deutsch in der Laeiszhalle. |
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Die Gattung Liederabend ist normalerweise für die Sensibelchen unter den
Musikliebhabern reserviert: innige Empfindung, Triebsublimation im
Mezzopiano, in der Stimme schwingt, was zwischen den Zeilen der Gedichte
steht, das Einstecktuch im Revers darf auch zum verstohlenen Trocknen manch
verdrückter Träne verwendet werden. Wenn allerdings ein baritonal
eingefärbter Heldentenor vom Schlage eines Jonas Kaufmann die Bühne betritt
- Ein Bild von einem Mann!, hätte meine Großtante gesagt -, dann erscheint
die Empfindsamkeit wie von einer satt glänzenden Schicht Testosteron
ummantelt.
Bei seinem keineswegs ausverkauften Liederabend am
Donnerstag in der Laeiszhalle wurde Kaufmann, einer der begehrtesten
Operntenöre der Welt, triumphal gefeiert. Das Publikum erklatschte sich fünf
Zugaben und bekam dafür jedes Mal ein Lied von Richard Strauss. Kaufmanns
schön auf die eigenen Möglichkeiten und Neigungen zugeschnittenes Programm -
Liszt, Mahler, der bei uns kaum bekannte Franzose Henri Duparc und Strauss -
war dramaturgisch klug aufgebaut. Dass dieser Abend nichts für Weicheier
sein werde, machte Kaufmann unter Einsatz seines beträchtlichen
Stimmvolumens gleich von Anfang an klar, bei "Vergiftet sind meine Lieder"
von Franz Liszt.
Volle Kraft voraus blieb natürlich nicht die einzige
Stoßrichtung des von Helmut Deutsch meisterhaft vielschichtig begleiteten
Sängers. In den zarter besaiteten Liedern Mahlers und den sehr
französischen, imaginativen Piècen Duparcs zeigte Kaufmann lyrische Töne und
gedeckte Farben. Wunderbar in sich ruhend gestaltete er auch Liszts "Die
drei Zigeuner".
Nicht jeder Ton saß vollkommen, Kaufmanns Piano hat
mehr Kern als Süße, mehr Arena als Intimität. Aber seine musikerzählerischen
Qualitäten kannten an diesem Abend keine Schwäche. Wie er etwa im von Duparc
vertonten Sonett "Le Manoir de Rosemonde" die Verstörung des von der Liebe
wie von einem Hund Gebissenen in Blick und Stimme legte, wie er Strauss'
ergreifendes Abschiedslied "Befreit" auf ein Gedicht Richard Dehmels zum
Vermächtnis einer sterbenden Liebe machte und aus dem "Morgen" gemeinsam mit
Helmut Deutsch eine Séance stillen Glücks: Da erlebte man den gewieften
Rollengestalter von der Opernbühne auch als Magier der kleinen Form.
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