Der Neue Merker
Maria und Johann Jahnas
Gounod: Faust, Wiener Staatsoper, 10. Februar 2012
WIENER STAATSOPER: FAUST als letzte Vorstellung der Serie am 10.2.2012
 
 
Bei der letzten Vorstellung der Serie hatte man das Gefühl, dass hier (musikalisch) gerade eine strahlende Premiere stattfindet.

Ein grosser Teil dieser Stimmung ist dem sensationellen Staatsopernorchester unter der feinfühligen und kompetenten Leitung von Alain Altinoglu zu danken. Dieses Orchester gestaltet die sinfonischen Passagen zu einem kompakten Hörgenuss und dokumentiert auf wunderschönste Weise den Begriff “KLANGKÖRPER”. Ein Höhepunkt jeder Faust-Aufführung ist natürlich der “Faust-Walzer”, bei dem man den Unterschied zum Wiener Walzer so eindrucksvoll herausarbeiten kann – wenn man kann! Am 4. Februar konnte man im Mittelteil noch einen Ausflug nach Wien hören (wunderschön “geschmiert”) – diesmal gab es durchgehend einen temeramentvollen französischen Walzer. Eindrucksvoll wirkt auch der Wechsel zur Begleitmusik. Das partnerschaftliche Zusammenspiel der Soloinstrumente mit den Solostimmen beschert berührende Momente; die kammermusikalische Qualität der Streichersolisten unterstreicht die Vielseitigkeit dieses wunderbaren Orchesters.

Die sensible Zurückhaltung aus dem Orchestergraben ermöglicht Jonas Kaufmann, seine Piano-Studien erfolgreich zu präsentieren. Passagen, die in der zweiten Vorstellung noch nicht getragen haben, waren diesmal in wunderschöner Zartheit vorhanden. Die strahlenden Höhen bis zum C kamen unangestrengt und exakt, der manchmal störende kehlige Belag der Stimme war kaum vorhanden. In dieser Verfassung verdient Jonas Kaufmann als Faust jede begeisterte Wertschätzung.

Unverständlich ist hingegen, warum Adrian Eröd als Valentin, der in gesanglicher, schauspielerischer und optischer Hinsicht dem “Vielgehypten” zumindest ebenbürtig ist, in der Öffentlichkeit so wenig Aufmerksamkeit erhält. Er war jedenfalls der einzige Hauptdarsteller, der von der ersten bis zur letzen Vorstellung auf absolutem Topniveau gesungen und gestaltet hat. Eine wunderschöne Stimme.

Inva Mula ist in der Rolle der Marguerite angekommen; die stimmliche Gestaltung passt sehr gut zur Rolle – höhensicher ohne jede Schärfe, klar und beseelt stellt sie das “Gretchen” dar. Was ihr fehlt (oder was sie nicht gezeigt hat) – die Brillianz und die Strahlkraft – fehlt in dieser Rolle nicht wirklich. Man denke nur an den verunglückten Auftritt von Angela Gheorgiu in der Premierenserie zurück, bei der das Gretchen zur Diva mutiert ist.

Albert Dohmen gestaltet einen mehr als passablen Mephistopheles: verführerisches Locken, Wildheit, Zynismus und teuflische Bosheit (besonders im Gelächter) wurden stimmlich sehr gut dargestellt – dass man den Teufel in dieser Inszenierung schauspielerisch nicht eindrucksvoll darstellen kann ist eigentlich unbestritten.

Eine weitere sehr erfreuliche Weiterentwicklung gibt es von Juliette Mars als Siebel zu berichten: Ausdrucksvoll, sicher und schön in allen Lagen gesungen und gestaltet.

Monika Bohinec (Marthe) und Hans Peter Kammerer (Wagner) machten dem Ensemble der Wiener Staatsoper alle Ehre.

Nach diesem erfreulichen Opernabend erscheint es angebracht, die Bemühungen und die Leistungen, die wir in diesem Hause laufend geboten bekommen, ausdrücklich zu würdigen. Dies sei am Beispiel der in den letzten Wochen aufgebotenen Tenören dokumentiert: Peter Seiffert als Otello, Christopher Ventris in Mahagonny, Aquiles Machado als strahlender Einspringer in La Forza, Roberto Alagna bei einem unterhaltsamen Soloabend und als Krönung die beiden Superstars Johan Botha, der als Andrea Chenier den Degen im Stile von d’Artagnan führte und Jonas Kaufmann als einfühlsamer Rollengestalter. Statt das eine oder andere nicht so gut gelungene Detail zu beklagen, wollen wir uns lieber auf die anstehenden Höhepunkte (hoffentlich) freuen. Immerhin stehen – um bei den Tenören zu bleiben – Kaliber wie Rolando Villazon, Francesco Meli und Lawrence Brownlee vor der Tür.







 
 
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