|
|
|
|
Der Neue Merker |
Peter Dusek |
|
Bizét: Carmen, Salzburger Festspiele, 14. August 2012 |
|
CARMEN mit Magdalena Kozena – ein großes Missverständnis
|
|
Selten kann man so präzise nachvollziehen, wie nahe beieinander Glück und
Elend in der Oper liegend können. Bizet’s Carmen unter Sir Simon Rattle in
Salzburg in der Regie der Britin Aletta Collins mit Magdalena Kozena in der
Titelrolle – und mit Jonas Kaufmann als Don José sowie Genia Kühmeier als
Micaela – eignet sich dafür ideal. Ein (erster) Akt liefert packendes
Musiktheater, dann driftet die Vorstellung auseinander, eine
Totalindisposition des Escamillo Kostas Smoriginas führt zu einer
„Notoperation“, die Sängerin der Titelrolle gerät in die Defensive
und am Schluss werden Don Jose und Micaela mit Beifall überschüttet,
während das Ehepaar Sir Simon Rattle und Magdalena Kozena und auch das
Regieteam – neben Alletta Collins (Regie) noch Miriam Buether(Bühne) und
Gabrielle Dalton (Kostüme) – sogar aggressive „Buhs“ zu ertragen haben. Das
hat weder mit Menschlichkeit noch mit Manieren zu tun – aber mit einer
grenzenlosen Enttäuschung und nicht eingelösten (zu hohen) Erwartungen!
Also zurück zum 1.Akt. Sir Simon peitscht die Wiener Philharmoniker zu
einem prächtigen aber eher aggressiven Carmen-Stil, die Inszenierung der
ehemaligen Tänzerin Aletta Collins spielt gleich zu Beginn die besten Karten
aus: eine Truppe dunkel gekleideter „Rachegöttinnen“ beherrscht die Bühne,
mischt sich dann unter den Chor der Tabak–Arbeiterinnen (auszeichnet der
Wiener Staatsopernchor). Dann freut man sich über einen jungen,
sympathischen Morales – den Südtiroler André Schuen, über einen
markig-männlichen Zuniga, den US-Bariton Christian van Horn, Genia Kühmeier
ist bestens bei Stimme, füllt mühelos das große Haus geradezu mit Elsa-Tönen
und das Duett mit Jonas Kaufmann markiert einen ersten Höhepunkt.
Die Stimme des neuen Lieblings-Tenors nicht nur der Salzburger Operngemeinde
wirkt ausgeruht, das Piano klingt weniger abgedunkelt als sonst, die
unerschöpfliche Höhe strahlt besonders. Und dann erfolgt der
Auftritt von Carmen. Die tschechische Mezzo-Sopranistin trifft in der
Auftrittsarie „Die Liebe von Zigeunern stammt“ den richtigen Chanson-Ton,
die Stimme klingt samtig und erotisch, das Spiel ist noch fern aller
Klischees; doch schon in der Habanera stößt Magdalena Kozena an ihre
Stimmgrenzen. Und im Laufe der Vorstellung erweist sich ganz deutlich. Für
die dramatischen Teile der Carmen reicht die Stimme der aus Brünn stammenden
Sängerin einfach nicht aus. Die Rolle ist ihr zu hoch und zugleich zu tief!
Zumindest in diesem riesigen Haus, bei diesem Super-Orchester und seinem
Super- Maestro. Und auch die Inszenierung, die im Laufe des Abends immer
„britischer“ wird – sie liefert riesige „akustische Löcher“. Dazu kommt,
dass der ganze Abend unter einem Unstern der Indisposition stand. Der aus
Littauen stammende Bass-Bariton Kostas Smoriginas verlor mitten im
Auftritts-Lied des Torero seinen Stimme und wurde nach der Pause – zumindest
akustisch – durch den Marcello der Bohème, Massimo Cavalletti, ersetzt, als
„Pantomime“ blieb der Original-Sänger jedoch erhalten. Insgesamt wurde der
Abend immer unerfreulicher. Schon zur Pause gab es die ersten „Buhs“ und das
Unbehagen stieg. Und während Magdalena Kozena immer mehr mit der Tessitura
ihrer Rolle kämpfte und auch das Schmuggler-Quarett (Christina Landshamer,
Rachel Frenkel, Simone del Savio und Jean-Paul Fouchecourt) in die Kategorie
„allzu leichtgewichtig“ absackte , machte sich das Unbehagen breit:
auf der einen Seite die besonders gut disponierten (Kaufmann und Kühmeier) –
gegen jene, die auf verlorenem Posten standen. Nennen wir das ganze
halt ein riesiges Missverständnis. Die Kooperation zwischen Oster-Festival
und Sommer-Festspielen ist nach 35 Jahren ohnedies beendet!
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|