Am Samstagabend haben sich drei der derzeit größten Opernstars
unter dem programmatischen Titel "Gipfeltreffen" im Wiener
Allzweckveranstaltungszentrum eingefunden, um vor Tausenden Fans
ein Best- Of ihres Repertoires zum Besten zu geben.
Das
Operntriumvirat Jonas Kaufmann, Anna Netrebko und Erwin Schrott
bot über drei Stunden ein Potpourri aus Mozart, Verdi, Massenet
aber auch Lehar, Tauber und Piazzolla. Damit rissen sie ihr
Publikum zu Begeisterungsstürmen hin, obgleich die konkrete
Auswahl nur zum kleinsten Teil dem Ohrwurmkanon der
Opernliteratur entsprach.
Konzertauftakt in München
Den Auftakt ihres Konzerttriptychons hatten die drei Sänger in
München unter freiem Himmel auf dem Königsplatz am
vorvergangenen Freitag gefeiert. Den Abschluss der Minitournee
bildet am 16. August der Auftritt auf der Berliner Waldbühne,
der von ORF2 live- zeitversetzt übertragen wird. Wien bildete
mithin bei Preisen für das VIP- Ticket von 471 Euro die einzig
überdachte Möglichkeit, das "Gipfeltreffen der Stars" zu hören.
Entsprechend weit angereist waren manche Zuschauer, darunter
auch Prominenz wie Springer- Verlagschef Mathias Döpfner oder
BILD- Chefredakteur Kai Diekmann. Auf ein Programmheft mussten
die Anwesenden allerdings verzichten - es blieb in der Spedition
hängen, so die Entschuldigung.
Ausverkaufte Wiener
Stadthale
In jedem Falle erlebte die leidlich ausverkaufte
Stadthalle einen bunten Abend, im steten Wechsel von Soli,
Duetten und Terzetten, begleitet vom Wiener Kammerchor und der
Prager Philharmonie unter Leitung von Marco Armiliato. Die
Veranstaltung war dabei klar als Event ausgelegt, bei dem auf
einer LED- Leinwand im Hintergrund bisweilen ein roter Vorhang
grüßte, dann wieder Säulen mit Blumentapete oder Sternenzelt und
in der Pause die Eisverkäuferinnen mit dem Bauchladen durch die
Reihen gingen. Als Schwachpunkt erwies sich die Akustik, welche
die harte, beinahe schmissige Intonation der Prager allzu
statisch am Bühnenrand festtackerte.
Frappant hingegen
der Unterschied der beiden Bühnenpersönlichkeiten Schrott und
Kaufmann. Der eine spielte mit offenem Hemd, neo- blondierten
Haaren und stets ironisch in die Höhe gehobener Augenbraue mit
dem Publikum, brachte seine Arien bisweilen mit den Händen in
den Hosentaschen und stets mit einem Lächeln auf den Lippen dar.
Als Leporello- Katalog in der "Don Giovanni"- Arie hatte sich
der Uruguayer als Gag eine Ausgabe der Modezeitschrift "Madonna"
besorgt, in der er blätterte.
Kaufmann als
Publikumsliebling der Wiener
Kaufmann stattdessen zeigte sich
im Smoking und mit makellos- brillantem Tenor, ohne die
bisweilen eingestreuten Schrott'schen Verschleifungen. Zugleich
offenbarte er sich mimisch als Mann des reduzierten Ausdrucks.
Ob Kaufmann Mama zum Abschied grüßt (Leoncavallo), die Geliebte
anschmachtet (Tauber) oder die Schönheit des Lebens besingt
(Lehar) - stets zeigt er den gleichen Gesichtsausdruck: Ein
ernst- verklärtes in die imaginäre Ferne Blicken. Die Expression
liegt bei Kaufmann in der Stimme, nicht im Gesicht. Damit
etablierte sich der Deutsche als der klare Publikumsliebling des
Abends, wobei bereits sein erster Auftritt mit Bravorufen
bedacht wurde.
Netrebko begrüßte Wiener
Stadthalle
Netrebko wiederum, die das Publikum auf Deutsch
mit einem herzlichen "Willkommen nach Wien" begrüßte, zeigte
über den gesamten Verlauf des Abends ihren mittlerweile
zunehmend voller werdenden Sopran, der mit scheinbarer
Leichtigkeit zwischen verschiedenen Modulationen wechselt.
Einzig wenn Schrott und Netrebko als Porgy und Bess auftreten,
wächst nicht zusammen, was zusammen gehört: Jazzphrasierungen
haben beide schlicht nicht im Repertoire.