Fränkischer Tag, 25.7.2011
Monika Beer
Liederabend, Bamberg, 22. Juli 2011
Angekommen in der Königsklasse
 
 
Was hat der Liederabend von Jonas Kaufmann in der Konzerthalle am Freitag mit den Bayreuther Festspielen zu tun? Vielleicht eine ganze Menge.

Denn genau vor einem Jahr war der seit Jahrzehnten erste deutsche Tenor, der den Status eines Weltstars erreicht hat, als Lohengrin auch der Star der Bayreuther Festspielpremiere 2010. Dass er bei zwei der fünf weiteren Festspiel-Vorstellungen wegen Erkrankung ausfiel, kann jedem Sänger passieren - vor allem wenn er sich in der Höchstleistungsklasse der Wagnerhelden bewegt.

Terminprobleme in Bayreuth?

Als er nicht mehr auf der Besetzungsliste für Bayreuth 2011 stand, war doch mancher verblüfft. Einige Spatzen pfiffen von den Hügeldächern, dass die Festspielintendantinnen ihn angeblich deshalb nicht mehr engagiert haben, weil der optimal in die Inszenierung eingearbeitete Sänger wegen anderer Termine für eine Hauptprobe nicht zur Verfügung gestanden hätte. Sei's drum. Die veränderte Terminlage eröffnete die Möglichkeit, den großen Liederabend im Rahmen der Münchner Opernfestspiele schon vorab auszuprobieren. In Bamberg.
Um es kurz zu sagen: Es war ein Ereignis. Für einen Liederabend mit Klavierbegleitung und Spitzenpreisen von fast 110 Euro pro Karte war die Konzerthalle überraschend gut gefüllt. Laut Veranstalter NürnbergMusik waren rund 1200 Besucher gekommen, um den 42-jährigen Sänger zu erleben, der auch deshalb eine große Ausstrahlung hat, weil er einfach verdammt gut aussieht. Mindestens ebenso gut singen kann er auch.

Spannender, schlüssiger Abend

Wer ihn wie ich bisher nur in Opernproduktionen mit großem Orchester erlebt hat, konnte durchaus skeptisch sein. Würde er auch in der Königsklasse, im Liedgesang bestehen? Noch dazu mit einem spätromantischen Programm, das auf den ersten Blick wirkte, als wollte man mal eben ein paar Jubiläen abarbeiten. Aber weit gefehlt. Die Lieder von Franz Liszt, Gustav Mahler, Henri Duparc und Richard Strauss fügten sich zu einem spannenden und schlüssigen Abend, weil sich ihrer hier zwei Musiker annahmen, die beide die Kunst der wohlkalkulierten Steigerung und der feinen Differenzierung beherrschen.
Bei Jonas Kaufmann kommt hinzu, dass er den unterschiedlichsten Gefühle, die er als Liedprotagonist weitergibt, in einer atemberaubend großen dynamischen Spannbreite beherrscht - vom zerbrechend zarten, kostbar duftenden Piano in Mahlers "Ich atmet' einen linden Duft" bis zum heldentenoralen Aplomb - auch und vor allem in den Liedern von Henri Duparc, die eine Entdeckung für sich sind.
Kaufmanns Liedinterpretation ist deshalb so reich, weil der Künstler das, was er vorträgt, in dem Moment zu durchleben scheint. Seine stimmliche Wandlungsfähigkeit findet ihr Pendant in einem überaus lebendigen Gesichtsausdruck, der von einem Zustand zum anderen fliegt. Helmut Deutsch am Flügel war ein ebenso mitfühlender und vorausdenkender Partner, der sich über jede noch so kleine Ausdrucksvariante des Sängers zu freuen schien. Beider Konzentration und Energieleistung übertrug sich auch das begeisterte Publikum, das sich erst nach der dritten Zugabe zufrieden gab. O Glück!

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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