Nürnberger Zeitung, 24.7.2011
Thomas Heinold
Liederabend, Bamberg, 22. Juli 2011
Jonas Kaufmanns Liederabend - Ironisch gefunkelt und heldisch geglänzt
 
 
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr feierte Jonas Kaufmann als Lohengrin sein umjubeltes Debüt am Grünen Hügel von Bayreuth. Am Freitagabend präsentierte er sich in 70 Kilometern Entfernung in der Bamberger Konzerthalle Sinfonie an der Regnitz als Liedsänger von höchstem Rang.

Dabei durchschritt der gebürtige Münchner, der mit 42 Jahren immer noch jugendlich wirkt und dem der jungenhafte Schalk aus den Augen blitzt, die kompositorischen Welten der so unterschiedlichen musikalischen Persönlichkeiten Franz Liszt, Gustav Mahler, Henri Duparc und Richard Strauss. Sie alle eint zwar die Fragilität einer durch die Morgendämmerung der Moderne mehr und mehr infrage gestellten romantischen Klangsprache, doch im Detail sind die individuellen Unterschiede enorm. Etwa die ekstatische Glaubensspannung in Liszts „Ihr Glocken von Marling“, die Kaufmann mit innigem Pathos auflädt. Zuvor beweist er epische Prägnanz und dramatisches Feingefühl in Liszts Version von Goethes „Der König in Thule“. Und dessen Heine-Vertonungen „Vergiftet sind meine Lieder“ und „Im Rhein, im schönen Strome“ changieren gekonnt zwischen zornigem Aplomb und lyrischer Innigkeit.

Um wie viel diesseitiger, wenngleich nicht weniger kunstvoll, wirkt doch Strauss’ Heine-Adaption „Schlechtes Wetter“ – oder das Wunderhorn-Lied „Junggesellenschwur“. Kaufmanns in allen Lagen fein ausbalancierter Tenor mit seinem abgedunkelten, soliden Fundament in der Tiefe kann hier ebenso ironisch funkeln wie heldisch glänzen.

Dass er dabei in dem 1400 Plätze fassenden, sehr gut gefüllten Saal so selbstsicher, ja geradezu locker wirkt, ist auch das Verdienst von Helmut Deutsch am Flügel. Der gebürtige Wiener formt am Steinway auf kleinstem Raum Klangdramen, etwa in Gustav Mahlers „Ich bin der Welt abhanden gekommen“, das er als subtil abgestuften, elegischen Weg in die Dunkelheit formuliert. Und wie klar und kühl funkelt im Nocturne „Um Mitternacht“ der Diskant, wie berührend gemahnt der Flügel an die vergehende, einsam vorüberziehende Lebenszeit! Auch Jonas Kaufmann läuft bei Mahlers Rückert-Vertonungen zu Höchstform auf, weil er der von Trauer durchtränkten lyrischen Sehnsucht von „Ich atmet’ einen linden Duft“ oder „Liebst Du um Schönheit“ immer auch eine vitale Brise vokalen Aufbegehrens entgegensetzt.

Und als symbolistisch aufgeladene, mysteriös schillernde Preziosen überzeugen Duparcs Lieder – etwa „L’invitation au voyage“ (nach Baudelaire) oder das von Abschied erfüllte „Phidylé“.

Von Abschied wollte das begeisterte Publikum nach gut eineinhalb Stunden dagegen nichts wissen. Immer wieder holte es applaudierend Kaufmann und Deutsch auf die Bühne zurück. Und beide bedankten sich für den Zuspruch mit drei Strauss-Zugaben: „Ach weh mir unglückhaftem Mann“, „Zueignung“ und „Heimliche Aufforderung“. Absolute Spitzenklasse!

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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