Berliner Morgenpost, 16.05.2010
Gtl
Brahms: Rinaldo-Kantate, Konzert in der Philharmonie Berlin, 14. Mai 2010
Claudio Abbado dirigiert vereinte Rundfunkchöre
 
Lang erwartet und heiß gefeiert: für drei Konzerte mit den Philharmonikern ist Claudio Abbado zurückgekehrt an das Pult seines alten Orchesters. Und mit einem dahingesungenen Überraschungsprogramm: Er beschloss es mit den Männerstimmen der vereinten Rundfunkchöre aus Berlin und München.
 
"Rinaldo", die dreiviertelstündige Kantate von Johannes Brahms, klang auf, an die sich kaum ein Mensch mehr in Berlin erinnert. Zumindest nicht bei den Philharmonikern. Sie haben das Werk zwar am 29. März 1886 in Berlin eingeführt, aber wieder aufgeführt haben sie es offenbar in den letzten fünfzig Jahren nicht mehr. Es musste dem vielgeliebten "Deutschen Requiem" weichen.

Die Kantate singt von der von Kriegskameraden erzwungenen Auflösung des Liebesverhältnisses zwischen Armida und Rinaldo. Armida kommt dabei gar nicht zu Wort, sondern einzig die Freundes-Soldateska um Rinaldo, den Liebeshelden, den imponierend Jonas Kaufmann singt, hochgewachsen, schlank und lockenköpfig: ein Tenor wie aus dem Bilderbuch des Singens. Das Betrübliche nur: was er und seine Freunde zu singen haben, ist musikalisch nicht gerade eindrucksvoll. Erst in der nachkomponierten Schlussorgie des Chores dreht Brahms nachhaltig auf, aber Heroismus war seine Sache nie.






 
 
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