Münchner Abendzeitung, 26. Mai 2010
Christa Sigg
Operngala, München 25. Mai 2010
Grüner Tee statt Wälsungenblut
 
Ein angespannter Jonas Kaufmann mit deutscher Romantik in der Philharmonie
 
 "Verkaufen Sie uns Ihr Programm? Bitte!!“ Die Damen in der Glitzermontur ließen nicht locker. Jetzt hatten sie schon mal Karten für Jonas Superstar, und nun waren auch noch die Orientierungshilfen ausverkauft. „Wir wollen doch wissen, was unser Lohengrin singt!“ Oder doch zwischendurch einen Blick aufs Sunnyboy-Konterfei auf dem Titel werfen?

Da strahlt Jonas Kaufmann übers ganze Gesicht mit dem typischen Dreieinhalbtagebart und den lustigen dunklen Lockenkringeln. Ansteckend und umwerfend smart ist dieses Lachen, am Montagabend in der Philharmonie war es kein einziges Mal zu sehen. Der Druck schien übermächtig, die Anspannung bis zur vierten und letzten Zugabe – „E la solita storia“ aus Cileas „Arlesiana“ – zu spüren. Da war das Publikum längst schon von den Sesseln. Nach Tenor-Krachern wie Léhars (durchaus verwüstlicher) Ode an das lebenswerte Leben und Puccinis „E lucevan le stelle“.

Wunderbare Momente in der Gralserzählung aus „Lohengrin“

Ganz unabhängig von einer möglichen Indisposition stellt sich bei so einem Beethoven-Mozart-Weber-Wagner-Marathon mit Italo-Dreingaben dann doch die Frage, ob sich dieser Lieblingstenor der Operngänger mit gnadenloser Vielseitigkeit einen Gefallen tut. Schon die absolute Mutprobe zum Einstieg mit Beethovens „Gott, welch Dunkel hier!“ aus dem „Fidelio“ klang nach runtergedimmtem Verismo, vernebelt an den heiklen Stellen. Und auch für Mozart fehlt inzwischen der lyrische Schmelz. Zu viel Kraft war da unterwegs, um den Ton besonders in den hohen Lagen mit Farbe zu füllen. Für die war im ersten Teil eh das Rundfunkorchester unter Michael Güttler zuständig, da prickelten noch die Auffüll-Ouvertüren durch die Weiten.

Dass der Sänger im Wagner-Fach viel besser aufgehoben ist, stellte dann der „Freischütz“ klar. Und tatsächlich sorgten die Paradehappen aus „Lohengrin“ und „Parsifal“ für die Erquickungen dieser deutsch-romantischen Folge aus den Tracks der gleichnamigen CD „Sehnsucht“.

Vom Ende her gestaltet Kaufmann diese Helden, düster und mit dunklem Timbre. Ein Schleier liegt über der Stimme. Der Gralserzählung bereitet das wunderbare Momente, weil dem Ritter ein Geheimnis bleibt. Nur dem „Walküren“-Wonnemond ging’s allzu zaghaft entgegen. Da blüht wohl kein Wälsungenblut, da wird eher diskutiert. Bei Grünem Tee.
 
 






 
 
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