ddp, 25. Juli 2010
Wagner: Lohengrin, Bayreuth, 25. Juli 2010
Sängerfest in Bayreuth
 
Die erste Premiere der Bayreuther Festspiele 2010 endete wie so oft auf dem Grünen Hügel: Es gab tosenden Beifall für die Sänger Jonas Kaufmann und Annette Drasch, während der experimentierfreudige Regisseur Hans Neuenfels ausgebuht wurde.
BAYREUTH - Wird er den Schwan bringen oder nicht? Diese Frage beschäftigte eingefleischte Wagner-Fans vor dem Debüt von Regiealtmeister Hans Neuenfels bei den Bayreuther Festspielen. Am Sonntagabend gab es die Antwort am Grünen Hügel: Für den gerne provozierenden Regisseur war der Schwan in Richard Wagners "Lohengrin" so ein wichtiges Thema, dass er ihn gleich in vielen Gestalten erscheinen ließ. So etwa als echten Schwan, ganz gerupft, als Kunstobjekt, als wunderschönes weißes Kleid an der bezaubernden Elsa. Trotzdem buhte das Premierenpublikum ihn kräftig aus, nur einige Bravos waren zu hören. Am Schluss stürmten die Bayreuther Intendantinnen Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner auf die Bühne, um dem 69-Jährigen beizustehen.

Tosenden Beifall heimsten dagegen die Sänger ein, allen voran Jonas Kaufmann und Annette Dasch bei ihrem Bayreuth-Debüt. Für einen weiteren Debütanten, den Dirigenten Andris Nelsons, gab es ebenfalls anerkennenden Beifall.

Neuenfels hatte aus dem Mysterienmärchen um den geheimnisvollen Schwanenritter Lohengrin eine kühle Versuchsanordnung gemacht, die er in einem Laboratorium ansiedelte. Seine Versuchstiere waren Ratten. So steckte er den wunderbaren Chor in Rattenkostüme von mausgrau über schwanenweiß bis schweinchenrosa. So viel Licht und Weiß wie auf der Bühne von Reinhard von der Tannen war selten in Bayreuth. Das strenge schwarz-weiße Farbkonzept passte bis in den letzten Winkel.

Die mit Spannung erwartete Neuinszenierung der Oper "Lohengrin" eröffnete die 99. Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth. Die beiden Festspielleiterinnen Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner begrüßten am Nachmittag am Roten Teppich vor dem Festspielhaus zahlreiche prominente Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Showgeschäft, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im hellen Hosenanzug, Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP), Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und zahlreiche Bundes- und Landesminister. Auch Kultur und Unterhaltung waren vertreten mit Thomas Gottschalk und Ehefrau, Veronika Ferres und Freund Carsten Maschmeyer, Sebastian Koch, Edgar Selge und Margot Werner.

Der Regisseur setzte seine beiden Sängerstars, den 41-jährigen Kaufmann ganz unmystisch als "ganzen Kerl" und die 34-jährige Dasch als zweifelnde Verliebte mit gekonnter Personenführung in Szene. Dafür gab es lang anhaltenden, stehenden Applaus. Für die schöne Berlinerin war es an diesem Abend sogar ein Rollendebüt. Evelyn Herlitzius als Elsas böse Gegenspielerin Ortrud dagegen brachte das Publikum mit scharfen Tönen nicht vollends auf ihre Seite.

Bei der Generalprobe am Donnerstag war die Sopranistin Annette Dasch einem Bericht des "Nordbayerischen Kuriers" zufolge von einem herabfallenden Gegenstand getroffen worden und hatte kurzzeitig das Bewusstsein verloren. Bis zur Premiere war sie allerdings wieder fit.

Nach dem Tod des jahrzehntelangen Festspielleiters Wolfgang Wagner im Frühjahr stehen nun dessen Töchter aus erster und zweiter Ehe, Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner, endgültig alleine für das berühmteste Opernfestival der Welt.

Bis 28. August stehen neben "Lohengrin" auch die Wagner-Opern "Die Meistersinger von Nürnberg", "Der Ring des Nibelungen" sowie "Parsifal" auf dem Programm. Der "Ring" in der Regie von Tankred Dorst unter der musikalischen Leitung von Christian Thielemann ist zum letzten Mal zu erleben. Alle Vorstellungen sind seit langem ausverkauft. Noch vor der Eröffnung der Festspiele um 16.00 Uhr gab es erneut eine Wagner-Oper in einer Inszenierung für Kinder zu sehen. Auf der Probebühne des Festspielhauses hatte bereits am Mittag der "Tannhäuser" für Kinder Premiere.

Nach Angaben der Festspiele gingen für die rund 30 Vorstellungen etwa 408.000 Bestellungen für die knapp 54.000 Karten aus über 80 Ländern ein. Um alle Kartenwünsche erfüllen zu können, müssten 184 Aufführungen stattfinden. (ddp)
 






 
 
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