Der neue Merker
Martin Robert BOTZ
Puccini: Tosca, Wien, 12. Mai 2010
TOSCA mit Jonas Kaufmann am 12.5.2009
 
Mein vierter Versuch, den Tenor JONAS KAUFMANN zu hören, gelang. Zweimal sagte er wegen seines Unfalls ab, einmal musste ich wegen anderweitiger Verpflichtungen kurzfristig aufgeben. Er hat wirklich eine außergewöhnlich schöne Stimme von edlem, dunklem Glanz des Timbres. Ihm ist eine perfekte Phrasierung zu eigen und er kann wunderschöne Bögen formen, mit den Höhen hat er keine Probleme. Hinzu kommt noch sein Aussehen ähnlich eines romantischen Helden. Es hätte eines Marco Armiliato als Dirigenten gebraucht, der in einmaliger Weise auf die Sänger eingehen und trotzdem das Werk formen kann.

PIER GIORGIO MORANDI ist ein guter Orchesterdirigent und die Philharmoniker verführen zudem mit ihrer Klangkultur gewiss dazu, das Hauptaugenmerk auf die orchestrale Seite zu legen. So wurde der 1. Akt zwar schön, aber viel zu laut gespielt. Auf die deutlichen Proteste nach der 1. Pause hin, reduzierte Morandi in den beiden restlichen Akten die Lautstärke merklich.
Kaufmann sang bereits das „Recondita armonia“ vorzüglich und mit lange gehaltenem Schlusston; das „Qual occhio“ erklang in bezauberndem Piano. Das „Vittoria“ hielt er ebenfalls sehr lange. „E lucevan le stelle“ sang er in intensivem Piano und das „O dolci mani“ gelang ihm in ganz verzaubernder Art und Weise. Ein Qualitätsmerkmal ist es auch, dass er nach einem Forte seine Stimme sofort wieder auf ein Piano zurücknehmen kann. Im Grunde genommen hat er einen lyrischen Tenor, aber mit dem Potential, besonders unter einem verständigen Dirigenten den Cavaradossi zu singen. Sicherlich gehört er aber in die Kategorie der „Ausnahmesänger“. Leider ist er in der nächsten Spielzeit gar nicht angesetzt.

CATHERINE NAGLESTAD ist, was Einsatz und Intensität betrifft, eine famose Tosca. Wenn, ja wenn einem das breite Vibrato und die sehr deutliche Schärfe nicht stören. Am besten gelang ihr das „Vissi d’arte“, weil sie sich da stark im Ton zurückhielt. Durch ihren vollen Einsatz gewann sie große Zustimmung des Publikums. So ist es eben Geschmacksache, wenn den Rezensenten ihr Vibrato und ihre Schärfe störten.

Der Auftritt von RUGGERO RAIMONDI weckte viele große Erinnerungen. Seine Stimme ist erstaunlich intakt, natürlich klingt sie nicht mehr ganz jung, hat aber nur wenige fahle Töne - und er hat überhaupt kein störendes Vibrato. Das ist erstaunlich und es wurde deutlich, welch großer Künstler er immer noch ist.

Als Angelotti fällt CLEMENS UNTERREINER durch eine sehr gute Leistung auf, für einen Häftling ist er aber sehr nobel gekleidet. ALFRED ŠRAMEK/Mesner gewinnt wieder merklich an Kraft. Mit ALEXANDER KAIMBACHER ist der Spoletta recht gut besetzt. Einen positiven Beitrag lieferten noch MARCUS PELZ/Sciaronne und WALTER FINK als Schließer.

Die Künstler wurden sehr gefeiert, der Dirigent bekam zum Schluss nur mehr sehr wenige Gegenstimmen.






 
 
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