Drehpunkt Kultur, 31. August 2009
Heidemarie Klabacher
Liedermatinée, Salzburg, 30. August 2009
Siegreich
 
Jonas Kaufmann, begleitet von Helmut Deutsch, gab am Sonntag (30.8.) mit einer Matinee den letzten Liederabend dieser Festspiele.
Im Publikum wuchs die Bereitschaft zur Lynchjustiz, nachdem zum dritten Mal laut und lang ein Handy geklingelt hat. Jonas Kaufmann, strahlend wie Lohengrin auch auf der Liedbühne, bewahrte freilich die Nerven: „Es ist zwar nur mehr ein Lied - aber vielleicht lohnt es sich doch noch nachzuschauen…“

Hochkonzentrierte Aufmerksamkeit hätte sich bei dieser spannenden Begegnung mit dem viel bejubelten Operntenor freilich den ganzen Vormittag über gelohnt. Denn nicht wenig Unruhe herrschte die ganze Zeit - und erst in der gemeinsamen Empörung gegen den unverschämten Störenfried entwickelte sich quasi solidarische Konzentration.

Kaufmann hat mit sichtlichem - aber erfolgreichem - Bemühen quasi Lanze und Harnisch abgelegt (das edle Streitross vielleicht in den ehemaligen Ställen unterbringend?) - und ist in den schwarzen Anzug des Liedsängers geschlüpft. Die „Tre Sonetti di Petrarca“ wirkten denn zunächst auch ein wenig eng und beengt: vom allzu bewussten Bemühen etwa, sich in gerade in Höhe zurücknehmen zu wollen.

Mit den „Seven Sonnets of Michelangelo“ von Benjamin Britten fielen quasi die letzten hemmenden Rüstungsstücke - und ein locker deklamatorischer Umgang mit dem Text konnte sich Bahn brechen. Wunderschön die Wiedergabe des geheimnisvollen Sonetto XXX, in dem der Liebende die Welt mit den Sinnen der Geliebten wahrnimmt.

Höhepunkt freilich war der Block der Strauss-Lieder, vor allem der vier Lieder op. 27, die mit ihrem leidenschaftlich großen opernhaften Gestus Jonas Kaufmann besonders entgegen kommen. Die mitreißende Aufforderung in "Cäcilie" zum Schweben in "zu seligen Höhn" war nicht weniger perfekt und berührend gestaltet als die verinnerlichte Dankbarkeit für des "Glückes stummes Schweigen" im Lied "Morgen".

Nichts lag näher, als nach diesem spannenden und siegreichen Ringen um das Lied, den Helden quasi auf seiner ureigensten Bühne zu besuchen: Eine kunterbunte Arienfolge (von Lohengins "In fernem Land" über Taminos "Bildnisarie" bis zu Fidelios "Gott, welch Dunkel hier" und Schuberts "Fierrabas") gibt eine Vorstellung von Jonas Kaufmanns Gestaltungskraft auf der Bühne. Eine leichte Enge, eine mehr spür- als wahrnembare Eintrübung fällt auch hier bei den ganz hohen Tönen auf. Auch hier scheint der Künstler nicht einfach munter drauf losschmettern, sondern bewusst gestalten zu wollen. Begleitet wird Jonas Kaufmann auf dieser DECCA-CD vom Gustav Mahler Chamber Orchestra unter Claudio Abbado. DECCA 478 1463.






 
 
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