Salzburger Nachrichten, 31. August 2009
ERNST P. STROBL
Liedermatinée, Salzburg, 30. August 2009
Herz und gestalterische Intelligenz für das Lied
 
Jonas Kaufmannn. Der bayerische Tenor wurde für seine Liedmatinee im Haus für Mozart bejubelt, ebenso sein Klavierpartner Helmut Deutsch.
Ein hörbares letztes Räuspern hinter den Kulissen erzeugte Heiterkeit im Saal. Da es ein Sänger zur Vormittagsstunde nicht leicht hat, völlig bei Stimme zu sein, durfte man Jonas Kaufmann allerhand nachsehen. Nicht nur das Räuspern half, auch einige der lauten Vokale, welche die ersten Liszt-Lieder bereithielten, bald waren das anfänglich belegte Piano und die Kopfstimme frei. Der bayerische Lockenkopf, der mit der Lässigkeit von Fußballern die Bühne betritt und auch sängerische Kräfte von sportlichen Dimensionen zur Verfügung hat, begeisterte bei der frühen Liedmatinee am letzten Festspielsonntag im Haus für Mozart.

Lieder von Franz Liszt – Tre Sonetti di Petrarca – erinnerten noch einmal an die „Liszt-Szenen“ dieses Sommers. Sieben Sonette von Michelangelo, die Benjamin Britten vertont hatte, führten mit vielschichtigem Klaviersatz in eine fein abgezirkelte, ans Frühbarock erinnernde Poesie. Der zweite Teil gehörte einem Strauß von Liedern von Richard Strauss.

Getreuer Mitgestalter
Mit Helmut Deutsch hatte Jonas Kaufmann einen in Freundschaft verbundenen Begleiter am Flügel, der seine immense Erfahrung einbrachte, stützte, unterstützte, auffing und umschmeichelte und stets den getreuen Mitgestalter abgab. Bei Liszt kam dem Klavier mitunter eine Solorolle zu. Jonas Kaufmann wiederum überzeugte mit gestalterischer Intelligenz, man hatte an jedem Wort gearbeitet. Der bruchlose Übergang von feinem Pianissimo bis zu opernhafter Kraft und das überaus reiche Farbspektrum bis in höchste, nie metallische Höhen, das dem baritonal virilen Tenor zur Verfügung steht, sowie das wunderbare Legato machten klar, warum sich alle (Opern-)Welt um den Sänger reißt. Dabei war Jonas Kaufmann in den altitalienischen Gefilden ebenso zu Hause wie im deutschen Lied, formte und formulierte und entpuppte sich als geradezu idealer Strauss-Interpret. Schmerzensgeld und Hausverbot sollten dem Störenfried verpasst werden, der sein Handy gleich mehrmals klingeln ließ, zu allem Überfluss in die innigsten Passagen von Liedern wie „Morgen“ und „Freundliche Vision“. Jonas Kaufmann behielt nicht nur Nerven, sondern auch noch seinen Humor. Andere wären wutentbrannt abgerauscht, er mahnte charmant: „Es ist nur noch ein Lied, aber vielleicht lohnt es sich doch, nachzuschauen . . .“.

Auch Netrebko mag Strauss
Es wurden allerdings noch mehr Lieder, ohne Zugaben wollte man das fabelhafte Duo nicht gehen lassen. Das letzte „offizielle“ Lied war „Cäcilie“ von Strauss, mit dem auch Anna Netrebko ihren Liederabend beschlossen hatte.






 
 
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