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Abendzeitung, 27.1.2009 |
Volker Boser |
Strauss: Rosenkavalier, Baden-Baden, 25. Januar 2009
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Reiner Wohlklang
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Christian Thielemann dirigiert den
"Rosenkavalier" in einer nicht ganz taufrischen Inszenierung in Baden-Baden.
Mit dabei: Die Münchner Philharmoniker im Orchestergraben. |
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Die Erwartungen waren hoch. Der Münchner
Philharmoniker-Chef hatte einige der berühmtesten Strauss-Sänger um sich
geschart, um in Baden-Baden den „Rosenkavalier“ zu musizieren. Den
Wermutstropfen kannte man vorher: Die Salzburger Festspielinszenierung von
Herbert Wernicke aus dem Jahr 1995 ist auch 14 Jahre danach nur schwer zu
ertragen: ein stilistisch uneinheitliches Potpourri aus Gemeinplätzen,
billig anzusehen und ohne sinnvolle Personen-Regie. Dass Christian
Thielemann einverstanden war, diesen groben Unfug wieder zu beleben,
verwundert dann doch.
Auf der Haben-Seite: die Münchner Philharmoniker. Zum ersten Mal seit vielen
Jahren durften sie wieder in den Orchestergraben eines Opernhauses. Und in
Baden-Baden zeigten sie mit staunenswerter Sensibilität alles, was die
missliche Akustik im Gasteig so gerne verschweigt: Die Holzbläser konnten
ihre individuellen Qualitäten ebenso vorführen wie die Streicher die
Fähigkeit, bisweilen wienerisch zu schmachten. Am Ende war es das Orchester,
das den Sieg davon trug. Eigentlich müsste bei Christian Thielemann die Oper
nicht „Rosenkavalier“, sondern „Marschallin“ heißen.
Melancholisches Augenzwinkern
Zwischen ihm und Renée Fleming herrschte ein nahezu blindes Verständnis. Die
Geschichte der 31-jährigen Feldmarschallin, deren Affäre mit dem 17-jährigen
Octavian letztendlich auch nur ein kurz auflodernder One-Night-Stand ist,
während der Gatte auf Reisen ist, wird von den beiden mit melancholischem
Augenzwinkern zelebriert: Der erste Akt dehnt sich, und Renée Fleming
beweist, dass sie noch immer wunderbar „schön“ zu singen vermag. An
Ausdrucksvielfalt waren ihr einige ihrer Vorgängerinnen dann aber doch
überlegen.
Dass Thielemann Traum und Abschied in der Musik wichtiger nimmt als die
vielen ironischen Anspielungen, hat seinen Preis. Dem Dreivierteltakt fehlte
Wiener Lässigkeit. Der letzte Akt schleppte sich. Die deftigen Walzerklänge
zum unrühmlichen Abgang des Ochs auf Lerchenau hatten die Dramatik eines
Kindergeburtstages. Das Terzett zwischen Marschallin, Octavian und Sophie
wurde zum Bruckner-Adagio. Vieles klang gewollt anstatt natürlich.
Erinnerungen an „Rosenkavalier“-Sternstunden, etwa unter Leonard Bernstein
oder Carlos Kleiber, behielt man für sich. Auch was die Sänger anbelangte:
Renée Fleming überragte alle, war aber in der Gestaltung allzu einförmig
auf reinen Wohlklang fixiert. Diana Damrau (Sophie), Sophie Koch (Octavian),
Franz Hawlata (Ochs), Franz Grundheber (Faninal) und Jonas Kaufmann (Sänger)
präsentierten sich achtbar, mehr nicht. Es wird eine DVD geben, in zwei
Jahren soll das Spektakel wiederholt werden. Somit kommen alle auf ihre
Kosten. |
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