Münchner Merkur, 27.07.2009
Thomas Willmann
Schubert: Die schöne Müllerin, München 26. Juli 2009
Jonas Kaufmann und Schuberts „Schöne Müllern“
Die „Schöne Müllerin" gibt einem keine zweiten Chancen. Am Ende der Wanderschaft war Jonas Kaufmann durchaus dort angekommen, wo man bei Schubert hin sollte. Da hatte er genug losgelassen, um das Wesentliche zu packen - das erbarmungslose, finale Trostlied des Bachs rührte an jene Tiefen, die nur mit einem Abstreifen alles Äußerlich-Irdischen zu erreichen sind. Und dafür hatte er sich den tosenden Applaus im ausverkauften Nationaltheater allemal verdient. Aber es war ein langer Weg dorthin. Selbst die so herzzerschmetternde „Liebe Farbe" konnte man noch trockenen Auges überstehen, weil an ihr ein Rest selbstmitleidigen Schluchzens klebte. Erst der martialische Befehl „Heraus, heraus!" an die „Trockenen Blumen" erlangte (und überwand zugleich) unsentimentale Bitterkeit. Vom wenig trittsicheren Beginn der Reise ganz zu schweigen: Da rang Jonas Kaufmann (nervös?) noch um einen Stimmsitz, der nicht in den Gaumen zu rutschen drohte, und marschierte mehrmals zu überstürzt los. Um auf einen entscheidenden Punkt des Werks zu kommen, war's dann schon zu spät: Sein Wanderer war einer, der über sein Schicksal stolpert, statt es von Anfang an in sich zu tragen, zu ersehnen. Und weil Kaufmann die Höhen keine Mühe bereiten (auch wenn er noch immer Tenor ist und nicht Sopran, wie das Programmheft meinte...), spürte man wenig der Maßlosigkeit von „Ungeduld" und „Mein!". Lange Zeit war's doch nur eine unglückliche Liebesgeschichte - wo Schubert schon von existenziellerer Einsamkeit komponiert. Freilich: Solche Einwände sind Zeichen einer prinzipiell ernstzunehmenden Interpretation. Und dass sich auf diesem Niveau diskutieren lässt, ist auch ein Verdienst von Helmut Deutsch, der - mehr als ein Begleiter - das Klavier zur zweiten Singstimme machte.






 
 
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