Münchner Abendzeitung, 27.07.2009
Volker Boser
Schubert: Die schöne Müllerin, München 26. Juli 2009
Der Geschmackvolle
Münchens Lohengrin Jonas Kaufmann sang Schuberts Liedzyklus "Die schöne Müllerin"

Um alllen Missverständnissen vorzubeugen: Entgegen der Ankündigung des Programmheftes handelt es sich bei dem Münchner Sänger um einen Tenor - und nicht um einen Sopran.

Den Text mitzulesen, erübrigte sich: Jonas Kaufmann deklamierte ihn mit beispielhafter Deutlichkeit. Bei Schuberts 20-teiligem Liedzyklus "Die schöne Müllerin" scheiden sich die Geister: die einen neigen zu Extremen in der Artikulation der Worte und der Dynamik der Musik, die anderen zu allzu großer rhythmischer Toleranz und einer unangemessenen Sentimentalisierung. Jonas Kaufmann suchte den Mittelweg. Seine baritonal gefärbte Stimme ist zunächst gewöhnungsbedürftig, aber spätestens in der unbekümmerten Dramatik des "Hätt' ich tausend Arme zu rühren!" zeigen sich die Qualitäten des Sängers: Nirgends lässt er sich zu Übertreibungen verführen, disponiert klug und angemessen, setzt sein "mezza voce" geschmackvoll ein bemüht sich um Schlichtheit, meidet Larmoyanz ("Der Neugierige") und sucht Natürlichkeit. Man spürt, wie Jonas Kaufmann auf Distanz zu opernhafter Effekthascherei geht, wie er zwischen Lied und theatralischer Pose zu unterscheiden weiß. Manchmal tut er des Guten zuviel und dann verwechselt er Hast mit Ungeduld: "Ich schnitt es gern in alle Rinden ein" war entschieden zu rasch angegangen. Exemplarisch begleitete Helmut Deutsch. Ein Pianist der Extraklasse, der das Kunststück beherrscht, dem Sänger den Vortritt zu lassen, ohne sich im Nebel zu verstecken. Die Matinée der Opernfestspiele, nur eine gute Stunde kurz, aber eindringlich, wurde zu Recht bejubelt. Auch wenn man da und dort anderer Ansicht sein durfte.






 
 
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