Neue Kronen Zeitung, 28. April 2009
Thomas Gabler
Massenet: Manon, Wien, 26. April 2009
Bild von einem Paar!
Ein Repertoireabend, wie er sein soll: Mit Jonas Kaufmann, dem neuen Stern am Opernhimmel, und Norah Amsellem konnte bei Massenets "Manon" wirklich nichts schief gehen. Zwar ließ Dirigent Miguel Gomez-Martinez am ersten Abend Melancholie vermissen, aber das Ensemble lässt das fast vergessen. Eines muss man dieser, nun auch schon zwei Jahre alten Inszenierung von Andrei Serban in der Ausstattung von Peter Pabst lassen: Sie funktioniert noch immer perfekt. Und wenn auch nicht mehr - wie bei der Premierenserie - Anna Netrebko für üppige Sinnlichkeit sorgt, ein guter Ersatz ist parat. Denn die Französin Norah Amsellem imponiert nicht nur mit stimmlicher Präsenz zwischen lyrischer Zartheit und Expressivität, sie sieht auch blendend aus und wandelt sich perfekt vom kindlichen Biest zur großen Kokotte: Strahlend ihr Auftritt auf dem Pariser Cour -la-Reine, erschütternd ihr Tod auf der Straße nach Le Havre. Zweifel und Gefühle gelingen ihr bestens, wunderbar zärtlich klingt ihr "Adieu, notre petit table". Kongenialer Partner ist Jonas Kaufmann, der 2010 "Lohengrin" in Bayreuth singen soll, als De Grieux. "Ein Bild von einem Mann", lässt sich von einer Dame aus dem Publikum hören. Aber er ist mehr als nur attraktiv, er ist ein sympathisch-eleganter Chevalier, der aufrichtig liebt, an dieser Liebe eindrucksvoll zerbricht. Seine wohlgetönte Tenorstimme zeigt Kraft und jede Möglichkeit des Ausdrucks innerer Regungen, zeigt sich forsch und verhalten. Und wird dafür herzlich bejubelt. Überzeugend, nicht nur solide, der große Rest des Ensembles mit Markus Eiche als präsenten Lescaut, mit Dan Paul Dumitrescu (Graf De Grieux), mit Michael Roider (Morfontaine), Clemens Unterreiner (Bretigny) und all die anderen. Sie alle beherrschen die Lebenslust im Pariser Spielermilieu perfekt. Eine Lebenslust, die man im Orchester mitunter vermisst. Ein paar mehr Kontraste im Orchestergraben, mehr Lebendigkeit, mehr Changieren zwischen Schwermut und leichter Lebenslust hätte schon sein können. Gomez-Martinez stört wenigstens nicht Jules Massenets feine Melodik, die von der ausgezeichneten Besetzung ideal getragen wird.






 
 
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