Mittelbadische Presse, 24. Oktober 2009
autor: dietrich mack
Konzert, Baden-Baden, Festspielhaus, 22. Oktober 2009
Eine große Sängerhoffnung
 
Jonas Kaufmann begeisterte im Festspielhaus Baden-Baden
Ein Star ist jemand, sagt man in Hollywood, den man zur Grandma zum Tee einladen kann. Jonas Kaufmann ist ein Star. In England wurde er als größter deutscher Tenor der letzten Jahrhunderthälfte gefeiert. Das ist natürlich Unsinn. Welches Jahrhunderts? Kennt man nicht Fritz Wunderlich oder Wolfgang Windgassen? Ohne Zweifel aber ist Jonas Kaufmann mit seinen 40 Jahren die größte Hoffnung des 21. Jahrhunderts. Daran ließ er auch im ausverkauften Festspielhaus in Baden-Baden keinen Zweifel.

Auf dem Programm standen sechs populäre Arien aus Opern von Beethoven, Mozart, Weber und Wagner, dazwischen klug gewählte Orchesterstücke, sehr ordentlich von der ehrwürdigen Staatskapelle Weimar gespielt. Michael Güttler dirigierte mit jugendlichem Elan und rudernden Bewegungen. Am schönsten klang das Lohengrin-Vorspiel. Der Abend hatte drei Teile: vor der Pause die Arie Florestans »In des Lebens Frühlingstagen« aus dem »Fidelio«, Taminos Bildnis-Arie aus der »Zauberflöte« und die Arie des Max »Durch die Wälder, durch die Auen« aus dem »Freischütz«.

Jonas Kaufmann sang mühelos in den Höhen und Tiefen, aber sehr verhalten, fast introvertiert. Die schöne Balance zwischen baritonaler Lyrik und heldischem Glanz wurde hörbar und begeisterte dann in den Wagner-Szenen: in Parsifals Amfortas-Klage aus Siegmunds »Winterstürme« aus der »Walküre« und Lohengrins Gralserzählung aus dem 3. Akt. Das kann nicht schöner klingen.

Doch es gibt einen prinzipiellen Einwand. Den meisten dieser »Arien« fehlt die Leidenschaft der szenischen Situation und auch der Mitspieler (Kundry, Sieglinde). Sie sind neutralisiert. Man schließt also am besten die Augen und öffnet sie doch gern, um dem Charme dieses Sängers zu erliegen, der Florestan und Tamino mit vornehmer Intensität sang, Max mit wachsender Leidenschaft; bei Wagner aber glaubte man die Zukunft zu hören.

Siegmund wird irgendwann zu Siegfried und Parsifal zu Tristan. Kraft, Glanz, Höhe wie Tiefe hat Kaufmann. Vollkommen ist schon heute sein Lohengrin. Auf nach Bayreuth, dort singt er im nächsten Sommer die Titelpartie. Und vielleicht Siegfried im Jubiläumsjahr 2013.

Oder ist Jonas Kaufmann doch der beste italienische Tenor Deutschlands? In den drei Zugaben erinnerte er an die drei Tenöre, an Pavarottis Sinnlichkeit, Domingos Eleganz, Carreras Intelligenz. Belcanto. Der Kerl macht es einem schwer.






 
 
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