Allgemeine Zeitung, 2. Januar 2009
Robert Braunmüller
Beethoven: 9. Sinfonie, München, Philharmonie, 30. und 31. Dezember 2008

l schwieriger sind die leisen Stellen zu entdecken, denen Christian Thielemann mit den Münchner Philharmonikern einzigartig nachspürte: Den friedvollen, aber zugleich vor Spannung brodelnden Ruhepunkt der Bläser etwa, bevor düstere Trauermarsch- Rhythmen den ersten Satz der Neunten düster beschließen. Zuvor gipfelte das einleitende Allegro ma non troppo mit furtwänglerndem Paukendonner bei der Wiederkehr des gezackten Themas am Beginn der Reprise. Aber Thielemanns Beethoven kehrt nicht allein restaurativ zur romantischen Sicht zurück. Der Dirigent verbindet diese mit Eleganz zu einer einmaligen Synthese, die wegen des besseren Zusammenspiels der Bläser noch stimmiger wirkte als bei der Aufführung zum Stadtgeburtstag im Juli. Thielemann betonte nach dem Drama des ersten Satzes, der Hetzjagd des zweiten und der Verinnerlichung im dritten den Neuanfang: Die Schreckensfanfare hängte er ohne Unterbrechung noch ans Adagio an. Erst vor dem instrumentalen Beginn der Hymne in den tiefen Streichern riskierte er eine lange, ungemein schlüssige Atempause. Wie im Sommer ging das skeptische Fagott dann noch lange von der Freudenmelodie unbeeindruckt eigene Wege, ehe es vom Jubel überzeugt wurde. Nicht viele Dirigenten gewähren Nebenstimmen so konsequent ihr eigenes Recht. Auch das ist ein unkonventioneller Zug in Thielemanns Deutung, die sich nicht ins Klischee vom Beethoven-Reaktionär fügt. Albert Dohmen (Bass) rief etwas angestrengt nach anderen Tönen. Jonas Kaufmanns baritonaler Tenor strahlte wenig siegreich, die Damen Ricarda Merbeth (Sopran) und Mihoko Fujimura (Alt) taten bestens ihre Pflicht. Der von Andreas Herrmann einstudierte Philharmonische Chor überraschte mit homogener Klanggewalt und unforciert schönen Sopranstimmen selbst in extremen Lagen. Zum Schlussakkord ging Thielemann ins Knie, um Stille zu erzwingen. Dann lag im das Publikum begeistert zu Füßen.






 
 
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