Abendzeitung
Robert Braunmüller Foto: Wilfried Hösl
Liederabend, München, Prinzregententheater, 22. Juli 2008
Poesie in vollem Saft
Jonas Kaufmanns Liederabend sorgte für Begeisterung im Prinzregententheater
Münchens Oper hat einen neuen Publikumsliebling. Die Fans müssen zwar noch fast ein Jahr auf seinen „Lohengrin“ und den Alfredo an der Seite von Angela Gheorghius Traviata warten. Beim Liederabend im ausverkauften Prinzregententheater wurde Jonas Kaufmann gefeiert, als habe er beide Rollen zugleich gesungen und dazu noch einen Kopfstand riskiert.

Dabei machte Kaufmann es sich und seinen Fans nicht leicht: Er hatte Schwieriges wie Schuberts „Bürgschaft“ und einen Zyklus von Benjamin Britten aufs Programm gesetzt. Aber schon in den ersten Strophen der sperrigen Schiller-Ballade räumte er mit den Zweifeln auf, die sein Arienabend im Februar hinterlassen hatte. Sein baritonaler, hauchig-verschatteter Tenor erwies sich diesmal auch im Leisen sehr tragfähig. Und anders als bei Verdi und Puccini schlug der Sänger nicht alles über einen Leisten: Tyrann Dionys tönte sonor, der Erzähler hell, und auch der dolchtragende Damon bekam individuelle Farben und eine poetische Persönlichkeit.

In den sieben Michelangelo-Sonetten, die Britten 1940 seinem Lebensgefährten Peter Pears in die Kehle schrieb, erwies sich Kaufmann mit perfektem Italienisch als überragender Ausdrucks-Künstler. Im dritten Lied (Veggio co'bei vostri..) legte er eine gewaltige Steigerung von leisen Tönen der Kopfstimme bis zu kraftvollem Forte hin, das in dieser Sternstunde kultivierter Liedinterpretation nie zum Selbstzweck herabsank, sondern stets das Geheimnis großer Liebe dieser anspruchsvollen Gesänge auslotete.

Mit „Spirito ben nato“ (anhören) verabschiedete sich Kaufmann heldisch strahlend in die Pause. Danach ging es mit Miniaturen von Richard Strauss weiter. Die „Schlichten Weisen“ servierte der Münchner mit leichter Hand, ohne die Ironie mancher Lieder (anhören: Ach weh mir unglückhaften Mann) zu unterschlagen. Kaufmann drückte nicht auf die Tube und verströmte den vollsaftigen Strauss-Schwung nur, wo es wie bei „Ich liebe dich“(anhören) wirklich passt.

In Helmut Deutsch hatte Kaufmann einen perfekten, gut zuhörenden Begleiter, der mit hingetupften Tönen Stimmung zaubern kann. Das Publikum rang ihnen vier weitere Sträusse als Zugabe ab. Dem 38-Jährigen scheint der Wechsel vom lyrischen ins heldische Fach ohne Verluste gelungen zu sein. Er hat an Nuancenreichtum sogar hinzugewonnen. Ein Wunder – aber manchmal passieren sie wirklich.






 
 
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