Tages-Anzeiger
Anna Kardos
Schubert: Winterreise, Zürich, 30. April 2007
«Winterreise», forte
Zürich, Opernhaus. - Schuberts Freunde mochte die «Winterreise» zunächst nicht zu begeistern. Zu düster war ihnen der vom Komponisten selbst «Kreis schauerlicher Lieder» genannte Zyklus. «Mir gefallen diese Lieder mehr als alle und sie werden euch auch noch gefallen» soll Schubert darauf entgegnet haben und er hat Recht behalten. Längst ist die «Winterreise» ein Fixstern am Kunstliedhimmel. Entsprechend anspruchsvoll ist die Aufgabe, der sich jeder Sänger stellen muss, will er diesen tiefernsten leisen und durch die Exponiertheit der Stimmen auch technisch heiklen Zyklus auf die Bühne bringen. Jonas Kaufmann hat sich am Montagabend zusammen mit dem Pianisten Helmut Deutsch herangewagt. Kaufmanns Wandergesell ist jugendlich und leidenschaftlich; er resigniert nicht, sondern bäumt sich auf gegen die Trostlosigkeit was in den häufigen Steigerungen ins Forte ebenso zum Ausdruck kam wie in den verhältnismässig raschen Tempi.

Die leisen Töne gelangen Kaufmann nicht ganz so bestechend, wodurch sich ein wenig von der unentrinnbaren Ausweglosigkeit des Zyklus verlor, die die Interpretation «schauerlicher» hätte machen können. Dies wurde aber durch die ausgezeichnete Diktion, die differenzierte Ausgestaltung - auch des dichterischen Textes - aufgewogen. Helmut Deutsch war dabei weit mehr als ein blosser Begleiter. Ganz sparsam im Umgang mit dem Pedal gestaltete er einen transparenten Klavierpart, der sich nie unnötig in den Vordergrund drängte, sondern mit dem Gesang zu einem zu einem Ganzen von überzeugender Schlichtheit zusammenfand.






 
 
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