|
|
|
|
|
DIE TONKUNST online / Ausgabe
0512 / 1. Dezember 2005 |
Midou Grossmann |
Liederabend, Frankfurter Oper 28. Oktober 2005
|
Eine kostbare Stimme
|
Liederabend in der Frankfurter
Oper mit Jonas Kauffmann |
|
Jonas Kauffmann? Ja, das ist doch der junge
Tenor, der vor Jahren als Tamino in Würzburg so sehr beeindruckte. Damals
stand tatsächlich einmal ein junger schöner Prinz auf der Bühne und singen
konnte der obendrein auch noch. Sein Timbre erinnerte an den jungen Fritz
Wunderlich. Nun, nach 8 Jahren wandelt Jonas Kauffmann immer noch auf den
Spuren von Fritz Wunderlich. In der Oper Frankfurt sang er einen
Liederabend, der bewies, wie sehr ihm die Gattung Lied am Herzen liegt.
Neben einer zwischenzeitlich international sehr erfolgreichen Karriere nimmt
er sich immer wieder für diese Kunstgattung viel Zeit. Die langen lockigen
Haare erinnern noch an seine Zeit als Tamino, doch zwischenzeitlich singt
der Tenor bereits Partien wie Florestan, Hoffmann und Parsifal. Allerdings
könnte es ratsam sein, den Wechsel ins schwere Fach nicht zu schnell zu
vollziehen, denn seine kostbare Stimme sollte behutsam aufgebaut werden.
Schon hat sie sich etwas verdunkelt, klingt baritonaler, doch sie ist immer
noch ausdrucksstark und sehr facettenreich. Jonas Kauffmann kann leiseste
Piani wundervoll gestalten, aber auch temperamentvoll auftrumpfen. Jede
dynamische Nuance gelingt und ist wohlüberlegt. Sein anspruchsvolles
Programm in Frankfurt bewies erneut seine enorme Vielseitigkeit, so ist
Jonas Kaufmann auch einer der wenigen deutschen Tenöre, die den Sprung ins
italienische Fach selbst an Bühnen im Ausland geschafft haben.
In Frankfurt startete er gleich voll durch mit Robert Schumanns
‚Dichterliebe’, brauchte zwar etwas Zeit, um die Stimmung aufzubauen, aber
das ist normal bei solchen Konzerten. Der versierte Begleiter Helmut Deutsch
unterstütze ihn souverän am Flügel und nach wenigen Minuten floss die
Energie zwischen Publikum und Bühne sehr intensiv. Von da an hatte Kaufmann
ein Heimspiel, schon in der Pause erntete er großen Applaus. Danach stand
eine Rarität auf dem Programm, Benjamin Brittens ‚Sieben Sonette des
Michelangelo’. Hier bewies Kauffmann seine Meisterschaft im italienischen
Gesang und beeindruckte durch viel Temperament und sicherer Stimmführung.
Mit den dann folgenden fünf Liedern von Richard Strauss wurde ein weiterer
Höhepunkt gesetzt und danach wollte das Publikum einfach nicht nach Hause
gehen. Stolze fünf Strauss-Zugaben gab es noch zu hören, bevor zwei
glückliche Künstler die Bühne verließen. Angeblich sollen Liederabende das
Publikum nicht mehr in die Theater locken, in Frankfurt war davon nichts zu
bemerken. Das große Haus der Oper war sehr gut besucht, wobei natürlich die
interessante Programmzusammenstellung und die beiden Ausnahmekünstler schon
vorab viel Interesse erweckten. In der Spielzeit 2005/2006 ist Jonas
Kauffmann wieder in Frankfurt zu Gast, in Bederich Smetanas ‚Die verkaufte
Braut’ wird er die Rolle des Hans singen, dann kann er seinen Charme wieder
voll entfalten. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|