Neue Zürcher Zeitung
Marianne Zelger-Vogt
Mozart: Cosi fan tutte, Zürich, 18.12.2005
Im Liebeslabor
Neubesetzung für Mozarts «Così fan tutte»
Im Jahresprospekt des Opernhauses figuriert als Dirigent der «Così fan tutte»-Vorstellungen im Umfeld von Mozarts 250. Geburtstag Nikolaus Harnoncourt. Doch dieser hat sein Pensum reduziert, und so ist es statt zur Wiederkehr des Altmeisters der Zürcher Mozart-Pflege zum Début des erst 22-jährigen Engländers Robin Ticciati gekommen. Dass dieser ein Schüler Simon Rattles ist, verrät nicht nur sein Lockenschopf, sondern auch seine elegante Gestik. Leicht war seine Aufgabe nicht, hatte er sich doch während der kurzen Probenzeit sowohl mit einem für ihn neuen Orchester als auch mit wechselnden Sängerbesetzungen - darunter mehrere Rollendebütanten - vertraut zu machen. Die Vorstellung verlief denn auch nicht pannenfrei. Durchgehend hörbar war Ticciatis Bemühen um einen satten, gerundeten, weichen Klang. Doch den musikalischen Ablauf zu gestalten - gar im Harnoncourtschen Sinn der Klangrede -, gelang ihm noch nicht. Zwischen sehr langsamen und sehr schnellen Tempi gab es keine organischen Übergänge, artikulatorische Nuancen blieben auf instrumentaler wie auf vokaler Ebene rar.

Von der Premierenbesetzung vom Februar 2000 war einzig noch Liliana Nikiteanu dabei, und sie nur, weil sie als temperamentvolle Dorabella kurzfristig für die erkrankte Judith Schmid eingesprungen war. Erhalten hat sich immerhin das Konzept, die zwei Liebespaare, die sich dem Treue-Experiment des Philosophen Don Alfonso unterziehen, sowie die Zofe Despina mit gereiften, eher schweren, charaktervollen Stimmen zu besetzen. Das gilt insbesondere für Camilla Nylunds Fiordiligi, deren Gefühlstiefe zum Teil auf Kosten der vokalen Agilität geht, aber auch für die derb resolute Despina von Yvonne Naef. Jonas Kaufmanns Ferrando erscheint mit seinem verschatteten, dunklen Timbre und dem ausgeprägten Registerbruch als seelisch zerrissene Figur, während der kaum dem Zürcher Opernstudio entwachsene Ruben Drole als Guglielmo mit baritonaler Souplesse aufwartet. Professoral distanziert gibt sich Lorenzo Regazzo als Don Alfonso. Das entspricht dem Regiekonzept von Jürgen Flimm und Erich Wonder, die die «Scuola degli amanti» in einen Hörsaal verlegen. Doch gibt es nicht auch solchen Orts erotisches Knistern und Partnerwechsel aus «Notwendigkeit des Herzens»? Die neue Besetzung vermittelt davon wenig.
 
Foto: Copyright Suzanne Schwiertz






 
 
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