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Der Bund, 12 .11. 2002 |
MARTIN ETTER |
Fierrabras, Zürich, November 2002
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Musikalisch ein Wurf
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Erstmals am Opernhaus Zürich:
Franz Schuberts heroisch-romantische Oper «Fierrabras» |
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Von Mai bis Oktober 1823 komponierte der
damals 26-jährige Franz Schubert sein letztes vollendetes Bühnenwerk
«Fierrabras». Am Opernhaus Zürich wurde das in Vergessenheit geratene Stück
nun mit grossem Erfolg zur Erstaufführung gebracht.
Erstaunlich und bewundernswert, was Franz Schubert im Verlaufe seines leider
nur sehr kurzen Lebens geschaffen hat neben Liedern, Sinfonien,
kammermusikalischen Werken auch sechzehn zum Teil Fragmente gebliebene
Opern, die allerdings fast ausnahmslos an nicht eben hoch stehenden Libretti
kranken. So auch der 1823 entstandene und zu Schuberts Lebzeiten nie
aufgeführte «Fierrabras», der unter anderem auf dem frühmittelalterlichen
Heldenepos «La Chanson de Roland» fusst und eine recht wirre Geschichte um
Könige, Ritter, Burgdamen und Liebesverwicklungen erzählt.
Aber Schuberts Musik versöhnt: Sie strotzt nur so von Einfällen, zeugt von
seelischer Einfühlungskraft, besitzt Farbe, Spannung und Schwung und ist
zudem hervorragend instrumentiert. Kein Wunder deshalb, dass sich nach
Claudio Abbados erfolgreichem Ehrenrettungsversuch in Wien (1988) nun auch
Zürich des Werks angenommen und zu erfolgreicher Erstaufführung gebracht
hat.
Schwächen der Inszenierung
Der Gastregisseur Claus Guth schien dem an sich durchaus anfechtbaren Text
gar nicht zu vertrauen und «erfand» eine Schubert-Figur, die durch die
Handlung führt und mehr Verwirrung als Klarheit schafft. Vom Schauspieler
Wolfgang Beuschel mehr schlecht als recht verkörpert, lenkt sie ständig vom
Dialog und von der Musik ab: eine absurde Idee, die wohl die Tatsache
überdecken sollte, dass Guth als Darstellerführer diesmal in hohem Masse
versagte. Und Christian Schmidt steuerte eine überaus hässliche Ausstattung
mit einem monströsen, Platz versperrenden Hammerklavier im Zentrum und
ausgesprochen unschönen Kostümen bei. Einzig Jürgen Hoffmanns Lichtregie
vermochte optisch zu überzeugen. Glücklicherweise entschädigte der
Nachvollzug von Schuberts inspirierter Musik. Franz Welser-Möst motivierte
das zuverlässig und engagiert mitgestaltende Orchester der Oper Zürich und
auch den von Ernst Raffelsberger und Jürg Hämmerli vorbildlich einstudierten
Opernhaus-Chor zu untadeligen Leistungen und verhalf damit Schubert zu einem
späten, zu einem postumen Triumph.
Tüchtige Ensembleleistung
Wohlvorbereitete Solisten kümmern sich einsatzfreudig um Schuberts
Expressivität. Als Fierrabras und Eginhard («Fierrabras» ist eine
Zwei-Tenor-Oper!) überzeugen Jonas Kaufmann und Christoph Strehl mit edlen,
schönen und wohlgeführten Stimmen und kultivierter Ausdruckstiefe. Laszlo
Polgar ist der Bass-sonore, würdevolle König Karl, Michael Volle der
aufrechte, vokal mustergültig akzentuierende Roland und Liuba Chuchrova die
anmutig-lichte Florinda. Nicht ganz dasselbe Niveau erreichen Johanna
Koslowska als Emma mit ihrem in Extremlagen schrillen Sopran und der
stimmlich nicht mehr frische Rolf Haunstein als Fürst Boland.
Das Premierenpublikum liess sich von Schuberts Melodienreichtum und der
musikalisch hochkarätigen Wiedergabe verzaubern und kargte nicht mit
dankbaren Ovationen.
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Video capture: Fierrabras 2005/2006 |
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