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BR Klassik, 20.11.2018 |
BR Klassik |
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als Podcast |
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ICH MACH'S SO WIE KAUFMANN
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Im letzten Jahr gab Jonas Kaufmann in London
sein Rollendebüt als Otello. Jetzt singt er die Partie an der Bayerischen
Staatsoper; Premiere ist am 23. November. Im Gespräch mit BR-KLASSIK
erläutert der Startenor, warum gerade der Otello eine Herausforderung für
den Sänger darstellt – und warum er Vorbilder zwar bewundet, sich aber nicht
an ihnen orientiert.
BR-Klassik: Herr Kaufmann, der "Otello" ist die
größte Herausforderung für Tenöre im italienischen Opernrepertoire. Ich
könnte mir denken, dass das ein mulmiges Gefühl für Sie war, als sie den
Vertrag vor Jahren unterschrieben haben: einerseits für "Otello" in London
2017, andererseits für "Otello" in München 2018.
Jonas Kaufmann:
Schon. Es ist natürlich nichts, was man spontan entscheidet, nichts, wo man
sagt: Ja, das machen wir jetzt, das wird schon irgendwie werden. Es ist
natürlich erstens so, dass solche Entscheidungen circa fünf Jahre vor dem
Eintreffen gemacht werden müssen. Da muss man schon zwei-, dreimal
überlegen. Es ist auch so, dass mir vor ungefähr zehn, elf Jahren das erste
Mal "Otello" zugetragen wurde und ich sehr viele Male "Nein" gesagt habe.
Aus gutem Grund.
MAN FOLGT DEN EMOTIONEN Und obwohl ich so lange
gewartet und meine Entscheidung hinausgezögert habe, war ich doch letztes
Jahr während der Proben in London überrascht, wie schwierig es doch ist,
sich da ein kleines bisschen zurückzunehmen oder ein bisschen cooler zu
sein, als man auf der Bühne wirkt. Das ist etwas, was mir normalerweise gar
nicht in den Sinn kommt, weil man einfach gerne direkt drauflos arbeiten
möchte und weil ich mir zumindest einbilde, dass ich das Instrument so im
Griff haben muss, dass das nie eine Frage ist, sondern man folgt einfach den
Gefühlen, den Emotionen, der Situation, der Musik – und das, was rauskommt,
passt dann, weil es eben natürlich entstanden ist und dadurch auch natürlich
und ehrlich wirkt.
IMMER DURCH DIE ZÄHNE BR-Klassik: Jetzt
erklären Sie uns bitte: Was ist das Anstrengende am "Otello"? Ist es das
Heldische, mit dem er auftritt, oder ist es das Zurückgenommene,
Introvertierte vom dritten Akt an, was diesen gebrochenen Mann zeigt? Da
muss man ja viel mit mezza voce, mit halber Stimme, arbeiten, und eine
Piano-Kultur entfalten wie sonst nie. Zumal die Vortragsanweisungen ja auch
zwischen Zorn und Ironie variieren, da ist ja alles dabei.
Jonas
Kaufmann: Ich würde sagen, wenn man das generalisieren will, sind es
wirklich die Emotionen, die hinter der Musik und hinter dem ganzen Charakter
stehen – ob die jetzt lauter oder leise sind, ist eigentlich egal. Es ist
dieser unglaubliche Druck, den dieser Dampftopf permanent hat und der
teilweise in großen Explosionen, teilweise auch in Piano entweicht. Aber es
ist eben kein zartes, kein weiches, freundliches, liebevolles Piano, was da
zumindest ab dem zweiten Akt passiert, sondern es ist eines: immer durch die
Zähne, immer verbissen, immer ironisch, immer höhnisch – was auch immer man
sich als negativen Superlativ vorstellen möchte. Das macht es so schwierig,
weil dies alles letztlich eine Form von Druck ist. Und Druck ist etwas, was
die Stimme eigentlich gar nicht mag – auch, wenn es nur ein psychischer
Druck ist. Es ist doch etwas, was man körperlich umsetzt und wo man das
Gefühl hat: Okay, ich kann diese Töne nicht kantabel oder liedhaft singen,
auch wenn sie auf dem Papier total normal und gar nicht laut in irgendeiner
bequemen Mittellage aussehen. Sie sind so bedeutungsschwer, da hat sich so
viel angesammelt im Laufe des Abends, die kann man nicht anders singen als
eben mit all diesem Ballast, der da vorher passiert ist. Das macht es so
schwierig.
VINAY UND VICKERS SIND GROSSE VORBILDER BR-Klassik:
Wenn Sie sich die Schallplatten vor Augen halten, die es da so gibt: von
Ramón Vinay bis Mario del Monaco, Jon Vickers und so weiter. Sind es diese
alten Helden, die Sie inspirieren oder wollen Sie es eher so machen wie
Domingo?
Jonas Kaufmann: Ich tendiere immer dazu zu sagen: Ich mach's
so wie Kaufmann. Ich bin ein großer Fan von alten Aufnahmen, das ist keine
Frage, und die genannten Namen Vinay, Vickers und Co. sind natürlich große
Vorbilder. Trotzdem muss es jeder für sich so machen, wie er es empfindet
und wie er es kann. Wenn ich einfach den Stimmklang eines dieser Kollegen
nachzuahmen versuchte, dann würde ich wahrscheinlich Mitte des dritten Aktes
scheitern, denn ungefähr so weit würde mich dieses für mich unnatürliche
Singen tragen: einfach nur, weil man seine eigene Stimme in dieses Stück
hineinbringen muss. Ich denke, aus der Vergangenheit hat man gelernt, dass
es das Ziel ist, einfach seinen eigenen Weg zu gehen.
Sendung:
"Leporello" am 21. November 2018, 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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